Radikale in der Bredouille
Dieser Tage geht der Blick nach Links- und Rechtsaußen. Da stehen Parteitage der extremen Pole des politischen Systems an. AfD wie Die Linke kränkeln – vor allem gemessen an den eigenen Erwartungen. Doch während die AfD einigermaßen stabil über zehn Prozent liegt, droht der Linken die Entlassung aus dem Parlamentarismus. Das liegt vor allem an der Unwucht des politischen Systems, aber auch an selbst verschuldetem Elend.
Man erinnere sich an den Sex-Skandal in Hessen, das Absaufen in der einstigen Hochburg Saarland, eine innerparteiliche Fronde, die sich am Umgang mit Russland entzündete und den brutal ausgetragenen Zwist zwischen woken Identitätspolitikern und klassischen Sozialismus-Linken.
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All das kann auch der beliebte Bodo Ramelow als thüringischer Ministerpräsident nicht wettmachen.
Auch die AfD hat einiges an Skandalen zu bieten: In Bayern einen Chat, in dem Bürgerkriegsfantasien ventiliert wurden – unter Teilnahme mindestens eines Landtagsabgeordneten, bürgerkriegsähnliche Zustände in der AfD-Führung selbst, die mit dem Abgang des Bundessprechers Jörg Meuthen endeten, die Posse um Andreas Kalbitz in Brandenburg und die Daueroffensive des braunen „Flügels“zur Übernahme der Gesamtpartei.
Allerdings schadete all das der AfD – sogar angesichts der Erwähnungen in Verfassungsschutzberichten – beim Wähler weniger als der Linkspartei. Der Grund ist strukturell: Das politische System hat sich so weit nach links verschoben, dass von der rechten Mitte bis ganz nach rechts eine weite Lücke klafft. Es gelingt der AfD mit Leichtigkeit, diese wenigstens teilweise zu füllen.
Die Linkspartei ist mit ihrem Kernanliegen „soziale Gerechtigkeit“dagegen weit entfernt, ein Alleinstellungsmerkmal zu besitzen. Soziale Gerechtigkeit will heute jeder – auch die CDU, von Grünen und SPD ganz zu schweigen. Der Linken bleibt angesichts des Ausbaus sozialer Hängematten durch die Ampel und dort unter freundlicher Assistenz der FDP nur, nach noch größeren Schlucken aus der Pulle zu rufen. Roter Rumpelstilzchen-Radikalismus stellt allerdings weder ein politisches Programm dar, noch zeugt er von Fantasie. Beides merken (ehemalige) Wähler.
Während der AfD also auf der Rechten leider ein längeres Leben beschieden sein dürfte, könnte die Ex-SED vielleicht in naher Zukunft endlich Geschichte sein.
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