Nordwest-Zeitung

Tafeln sind an der Grenze der Belastung

Vorsitzend­er Uwe Lampe berichtet von Aufnahmest­opp für Neukunden und kleineren Rationen

- Von Michael Grau

Hannover/Bremen – Die stark gestiegene Nachfrage unter bedürftige­n Menschen bringt die Lebensmitt­el-Tafeln in Niedersach­sen und Bremen an ihre Grenzen. Mehrere Tafeln hätten bereits einen Aufnahmest­opp für neue Gäste verhängt, sagte der Vorsitzend­e des Landesverb­andes der Tafeln, Uwe Lampe, am Dienstag der Nachrichte­nagentur epd. Sie könnten gespendete Lebensmitt­el aus Supermärkt­en oder Bäckereien vorübergeh­end nur noch an registrier­te Kunden ausgeben. Hauptursac­hen seien der starke Andrang von Geflüchtet­en aus der Ukraine und die steigenden Preise für Lebensmitt­el. In Niedersach­sen und Bremen gibt es insgesamt 106 Tafeln.

„Wahrschein­lich werden demnächst noch mehr Tafeln an den Rand ihrer Möglichkei­ten kommen“, sagte Lampe. Natürlich wollten die Tafeln dies vermeiden. „Aber die Kolleginne­n und Kollegen können sich im Augenblick nicht anders helfen.“Vor dem Krieg in der Ukraine hätten die Tafeln des Landesverb­andes im Schnitt rund 150 000 regelmäßig­e Kunden gehabt. „Jetzt sind es noch mal 70 000 mehr.“Die Tafeln unterstütz­en Bedürftige mit übrig gebliebene­n Lebensmitt­eln, die

noch genießbar sind, aber nicht mehr verkauft werden können. Diese Menge lasse sich aber nicht beliebig steigern, erläuterte Lampe.

Inflation wirkt sich aus

Auch die stark steigende allgemeine Inflation mache sich unmittelba­r bei den Tafeln bemerkbar. „Wenn die Energiever­sorger demnächst die neuen Bescheide mit den Preisen für Gas und Strom hinausschi­cken,

werden wir einen noch ungeahnten Zustrom von all denen erleben, die erkennen, dass das für sie jetzt ein Problem wird“, sagte Lampe, der die Tafel in Springe bei Hannover leitet. Der Vorsitzend­e prognostiz­ierte: „Wir werden demnächst Menschen versorgen, die im Moment noch gar nicht wissen, dass sie bald Tafelkunde­n sind.“

Für den einzelnen Kunden könnten sich die Mengen der abgeholten Lebensmitt­el

dann verringern. Das könne vor Ort rasch zu Spannungen führen.

Schwierig für Helfer

Durch den wachsenden Andrang würden auch die rund 6000 überwiegen­d älteren ehrenamtli­chen Helfer stärker belastet, erläuterte Lampe. Sie müssten dadurch länger arbeiten und würden auch psychisch belastet, wenn sie den Gästen nicht mehr so viele Lebensmitt­el

ausgeben könnten wie früher.

Wer Lebensmitt­el von einer der Tafeln erhalten will, muss in der Regel seine Bedürftigk­eit nachweisen. Das kann laut Lampe mit einem Hartz-IV-Bescheid geschehen, einer Asylberech­tigung oder einem Rentenbesc­heid, wenn die Rente nicht mehr als 900 Euro beträgt. Von Unberechti­gten missbrauch­t würden die Tafeln selten, betonte der Vorsitzend­e.

 ?? DPA-BILD: Spata ?? Der Vorsitzend­er der Tafeln in Niedersach­sen und Bremen, Uwe Lampe (rechts), im Gespräch mit Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) während einer Impfaktion der Tafel im März diesen Jahres.
DPA-BILD: Spata Der Vorsitzend­er der Tafeln in Niedersach­sen und Bremen, Uwe Lampe (rechts), im Gespräch mit Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) während einer Impfaktion der Tafel im März diesen Jahres.

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