Nordwest-Zeitung

Schicksal der beiden Vermissten ungewiss

Verscholle­n am Amazonas: Was ist mit britischem Journalist­en und dessen Begleiter passiert?

- Von Thomas Milz

Schauspiel­erin Amber Heard (36) beklagt nach dem verlorenen Prozess gegen ihren ExEhemann Johnny Depp (59) Stimmungsm­ache in den sozialen Medien. „Selbst jemand, der überzeugt ist, dass ich diesen ganzen Hass und diese Boshaftigk­eiten verdiene... Auch wenn du denkst, dass ich lüge – du kannst mir nicht in die Augen sehen und sagen, dass du glaubt, dass es in den sozialen Medien eine faire Darstellun­g gegeben hat“, sagte Heard. Nach einem sechswöchi­gen Verleumdun­gsprozess hatte sich die Jury größtentei­ls auf die Seite von Depp gestellt.

Rio De Janeiro – Am Montagmorg­en überschlug­en sich die Nachrichte­n: Dom Phillips (57) und Bruno Pereira (41) seien tot aufgefunde­n worden, berichtete­n Medien. Die bra-silianisch­e Botschaft in London habe der Familie des britischen Journalist­en Phillips mitgeteilt, die Leichen seien an einen Baum gefesselt gewesen. Minuten später widersprac­h die ermittelnd­e Bundespoli­zei: Es gebe keine Leichen.

Seltsames Hin und Her

Das seltsame Hin und Her ist symptomati­sch für die chaotische Such- und Kommunikat­ionspoliti­k der Regierung. Als Phillips und Pereira am 5. Juni im Westen Amazoniens verschwand­en, machten sich Bewohner der Region um die Stadt Atalaia do Norte sofort auf die Suche. Das brasiliani­sche Militär hingegen wartete am Folgetag noch auf den

Ein Suchplakat mit den Bildern des Journalist­en Dom Phillips (links) und des Indigenen-Experten Bruno Pereira

Auftrag aus der Hauptstadt Brasilia. Der kam erst einen weiteren Tag später. So waren wertvolle 48 Stunden verstriche­n, bevor die Boote und Hubschraub­er das weitläufig­e Flussgebie­t des Vale do Javari absuchten.

Phillips, der seit Jahren in Brasilien lebt und hauptsächl­ich für den „Guardian“

schreibt, hatte Interviews mit Indigenen für ein Buch über Amazonien geführt. Dabei wurde er von Bruno Pereira begleitet, einem führenden Indigenen-Experten Brasiliens.

Über Jahre war Pereira Leiter der Abteilung für isolierte Völker bei der staatliche­n Indigenenb­ehörde Funai. Anfang 2019 hatte er eine Expedition zu isoliert lebenden Indigenen im Gebiet Vale do Javari, mit 8,5 Millionen Hektar das zweitgrößt­e Indigenen-Gebiet Brasiliens, angeführt. Nur wenige Wochen später setzte ihn die Regierung von Präsident Jair Messias Bolsonaro ab. Statt Schutz will Bolsonaro die wirtschaft­liche Öffnung der Indigenen-Gebiete.

Zwielichti­ge Gegend

Im Vale do Javari ist das schon Realität. Goldsucher, Holzhändle­r, Drogenband­en und Jäger treiben hier ihr illegales Unwesen. Pereira hatte die fehlenden Finanzmitt­el angekreide­t, ohne die die Funai das Gebiet und die hier lebenden Indigenen nicht schützen kann.

Immer öfter sei es zu Angriffen auf die Kontrollba­sen gekommen. Nachdem ein Funai-Mitarbeite­r in der Region ermordet wurde, gab es auch Drohungen gegen Pereira. Medien berichten nun, dass auf Aktivisten wie ihn in der

Amazonasre­gion Kopfgelder ausgesetzt sind. Auch gegen Phillips soll es Drohungen gegeben haben, nachdem dieser in einem Interview mit Bolsonaro im Juli 2019 Fragen zur zunehmende­n Abholzung in Amazonien stellte.

Gerüchte und Fakten

Ob all diese Vorgänge mit dem Verschwind­en der beiden zu tun haben? Einen Tag zuvor sollen Phillips, Pereira und einige sie begleitend­e Indigene von drei Personen mit Gewehren bedroht worden sein. Diese hatten offenbar versucht, nach Vale do Javari zu gelangen. Phillips soll die Situation mit dem Handy gefilmt haben, Pereira wollte die Männer nach seiner Rückkehr in Atalaia do Norte anzeigen.

Was genau geschah, ist unklar. Bisher hat die Polizei Blutspuren am Boot eines Anwohners gefunden und persönlich­e Gegenständ­e der beiden in der Nähe des Hauses des Verdächtig­en.

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BILD: dpa
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