„Schub auf Weg zur klimaneutralen Logistik“
Wie EWE-Chef Stefan Dohler Wasserstoff in der Region forcieren will
Herr Dohler, das Land könnte noch 2022 darüber entscheiden, mit welchem klimafreundlichen Antrieb künftig Züge auf der Bahnstrecke OldenburgOsnabrück fahren – statt der aktuellen Diesel-Triebwagen. Weshalb interessiert sich die EWE dafür?
Dohler: Auf den ersten Blick könnte man meinen, es handele sich um eine rein bahntechnische Entscheidung, welche Antriebskonzepte demnächst im Weser-Ems-Netz die alten Dieseltriebwagen ersetzen sollen. Tatsächlich aber sind mit der Entscheidung erhebliche Folgen verbunden, denn sowohl der Einsatz von batterieelektrischen Zügen oder solchen mit Brennstoffzellenantrieb verlangt eine neue Energie-Infrastruktur.
Was meinen Sie konkret? Dohler: Bei Batterieelektrik geht es um Ladestationen an den Bahnhöfen und so genannte Oberleitungsinseln entlang der Strecke, um die Batterien der Züge aufladen zu können. Das kostet viel Geld und es bleibt bei einer rein bahntechnischen Investition. Dagegen führt der Aufbau an 365 Tagen im Jahr in stets ausreichender Menge löst für die Region Oldenburg/Wesermarsch dieses Henne-Ei-Problem. Die Region würde beispielhaft für ganz Europa sein. Zudem lässt die WasserstoffVersorgung per Pipeline eine Verzweigung und somit den Anschluss weiterer Abnehmer zu – etwa am Oldenburger Osthafen. Stadt und Region erhielten so einen wichtigen Schub auf dem Weg zur klimaneutralen Logistik und würden aufgrund der leichten Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff erheblich an wirtschaftlicher Attraktivität gewinnen.
Was ist Ihr Appell? Dohler: Damit dieses Konzept umgesetzt werden kann und die Region zum Leuchtturm der aufstrebenden Wasserstoffwirtschaft wird, bedarf es allerdings der Entscheidung des Landes für den Einsatz von Brennstoffzellenzügen. Nur wenn ein gesicherter Wasserstoff-Absatz durch die Züge gewährleistet ist, lassen sich die beschriebenen Infrastrukturmaßnahmen wirtschaftlich rechtfertigen. Insbesondere der Pipelinebau hängt von dieser Entscheidung ab.
Was kann das Land tun?
Seit vier Jahren sind wir mit dem Wirtschaftsministerium darüber im Gespräch. Bis Ende des Jahres will man dort eine Entscheidung treffen, welche Technologie zum Zuge kommen soll. Wir sind also jetzt in der heißen Phase. Es wäre sehr hilfreich, wenn Politik und Wirtschaft im Oldenburger Land gegenüber der Landesregierung das EWE-Konzept unterstützend begleiten könnten. Oldenburgs Oberbürgermeister Krogmann haben wir an unserer Seite. Auch die Kommunalpolitik in der Wesermarsch sieht die Chancen für ihren Landkreis. Doch die Potenziale gehen weit darüber hinaus.
Was schwebt Ihnen vor? Dohler: Gerade die Pipelineanbindung einer Großstadt an einen Produktions- und Speicherort von grünem Wasserstoff bietet erhebliche Möglichkeiten für den gesamten Nordwesten – zunächst für Transport und Logistik sowie Unternehmen der Chemiebranche, später vielleicht auch für die Wärmeversorgung. Das alles würden Brennstoffzellenzüge möglich machen, die Batterieelektrik hingegen nicht.