Cewe will Beruhigung statt Eskalation
Diskussion um Zukunft von Vorstandschef Friege prägt auch Aktionärstreffen
Oldenburg – Suche nach einer gemeinsamen Lösung statt weitere Eskalation: Bei der Hauptversammlung des Oldenburger Fotodienstleisters Cewe am Mittwoch waren der Vorstandschef Dr. Christian Friege und der Aufsichtsratsvorsitzende Otto Korte darum bemüht, den Führungsstreit nicht weiter zu befeuern. „Es ist nunmehr an der Zeit, dass alle Beteiligten wieder an einem Strang ziehen – und das am besten in gleicher Richtung“, sagte Korte bei der Aktionärsversammlung, die aufgrund der Corona-Pandemie wie in den beiden Vorjahren virtuell abgehalten wurde.
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Hintergrund
Mitte März hatte Cewe – für viele Außenstehende überraschend – mitgeteilt, dass der Vertrag von Friege als Vorstandsvorsitzender aufgrund „unterschiedlicher Auffassungen über die Unternehmensführung“nicht über den 31. Dezember 2022 verlängert werden soll. Grundlage dafür war eine 4:2-Mehrheitsentscheidung im Kuratorium der Neumüller Cewe Color Stiftung, die bei Europas führendem Fotodienstleister über die Besetzung des Vorstands entscheidet. Der Kuratoriumsvorsitzende, Ex-Cewe-Chef Dr. Rolf Hollander, hatte Friege u.a. Versäumnisse bei der Frauenförderung vorgeworfen. Sowohl der Aufsichtsrat als auch der größte Anteilseigner, die Erbengemeinschaft des Unternehmensgründers Heinz Neumüller, teilten diese
Stellten sich den Fragen der Aktionäre: (von links) Cewe-Finanzvorstand Olaf Holzkämper, Vorstandschef Christian Friege und der Aufsichtsratsvorsitzende Otto Korte
Einschätzung indes ausdrücklich nicht und hatten sich für eine Vertragsverlängerung mit Friege ausgesprochen.
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Zwar stand die Personalie Friege am Mittwoch eigentlich gar nicht auf der Tagesordnung, dennoch prägte sie die Aussprache, zu der die Aktionäre ihre Fragen im Vorfeld einreichen mussten. Ein Aktionär beklagte etwa, dass Cewe durch die öffentlich ausgetragene Personaldiskussion eine „äußerst unglückliche Figur“abgegeben habe. Ein anderer bemängelte, dass der Führungsstreit auch dem Aktienkurs geschadet habe.
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Fragen der Aktionäre
Aufsichtsrat
Korte räumte ein, dass auch der Aufsichtsrat „unglücklich darüber sei“, wie sich das Thema öffentlich dargestellt habe. Zugleich verteidigte er, dass sich das Gremium öffentlich
zu Wort gemeldet habe. „Der Aufsichtsrat hat eindeutig das Mandat, die Stimme der Aktionäre und Mitarbeitenden zu sein“, sagte er. Trotz unterschiedlicher Auffassungen wolle man konstruktiv an einer Lösung arbeiten. „Es ist überfällig, Differenzen zu überbrücken und mit dem Kuratorium eine Gesamtlösung zu erarbeiten, die im Interesse
des Unternehmens, der Aktionäre, der Mitarbeitenden und der sonstigen Stakeholder geboten ist“, sagte Korte.
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Vorstandschef
Friege selbst äußerte sich ähnlich. „Ich halte es für wichtig, dass wir Konflikte beilegen, wieder nach vorne schauen, gemeinsam an einem Strang
ziehen, in die gleiche Richtung“, sagte er. Den Vorwurf mangelnder Frauenförderung wies er u.a. mit Verweis darauf zurück, dass die Anzahl der Frauen in Führungspositionen bei Cewe zwischen 2017 und 2021 um mehr als 50 Prozent von 95 auf 146 gestiegen sei.
Nur bei der Frage eines Aktionärs – der immer wieder mit auffällig kritischen Ausführungen gegenüber Aufsichtsrat und Vorstandschef hervorstach –, warum Friege nicht umgehend seine Freistellung erbitte, um dem Unternehmen weitere Unruhe um seine Person zu ersparen, geriet auch der Vorstandschef etwas in Rage. „Wie kommen Sie darauf, dass meine Anwesenheit zu Unsicherheit und Unruhe führt“, fragte Friege zurück. Cewe sei in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich gewesen und habe sich positiv entwickelt. Und dies beruhe „nicht zuletzt auf einer sehr guten Zusammenarbeit im Vorstandsteam“, sagte er.