Oldenburg: Gutachter prüfte Halle nur optisch
Bausubstanz von Gutachtern lediglich optisch geprüft – Kauf wegen guter Lage trotzdem „vorteilhaft“
Oldenburg/hus – 11,7 Mio. Euro hat das Land für eine Immobilie an der Bloherfelder Straße bezahlt, die Trainingszentrum der Polizei werden sollte. Jedoch lässt die Tragfähigkeit eine solche Nutzung nicht zu. Und das, obwohl ein Gutachter vor dem Kauf des Geländes und der Gebäude vom Unternehmen Popken Fashion Group die Immobilie in Augenschein genommen hat. Schäden wurden dabei nicht festgestellt. Allerdings gab es nur eine optische Prüfung, keine Beprobung der Bausubstanz. Das Land sieht den Kauf aufgrund der Entwicklungsmöglichkeiten ungeachtet der Probleme dennoch als vorteilhaft an. Ende 2022 soll ein Gesamtkonzept für die Liegenschaft vorliegen.
Oldenburg – Hat das Land für 11,7 Millionen Euro eine Schrottimmobilie an der Bloherfelder Straße gekauft? Warum hat ein Gutachterausschuss vor dem Kauf des Geländes und der Gebäude vom Unternehmen Popken Fashion Group die Schäden nicht festgestellt, die kurze Zeit später zur Sperrung einer Halle führten? Sie darf seit Ende März 2020 wegen Einsturzgefahr nicht mehr betreten werden.
2017 besichtigt
Fakt ist, dass der Gutachterausschuss für Grundstückswerte Oldenburg-Cloppenburg (GAG) im Auftrag des Niedersächsischen Landesamtes für Bau und Liegenschaften sowie Landesliegenschaftsfonds Niedersachsen eigenen Angaben zufolge keine Anzeichen für einen schlechten Zustand der Halle vorlagen.
„In diesem Zusammenhang wurden am 19. September 2017 durch den GAG eine örtliche Bauaufnahme und am 28. September 2017 eine weitere Ortsbesichtigung durchgeführt. Dabei sind aber offenbar keine offensichtlich gravierenden Schäden an den in Augenschein genommenen
Gebäuden wahrgenommen worden“, teilt Pressesprecher Karsten Pilz vom Niedersächsischen Finanzministerium mit.
Guter optischer Eindruck
Leiter dieses Gutachterausschusses ist Lutz Mannhaupt. Bei der Besichtigung hätten die Hallen einen guten Eindruck hinterlassen, sagt er. In ihnen sei allerdings viel Kleidung eingelagert gewesen, die den Blick auf einige Bestandteile der Gebäude versperrt hätte. „Bei einer Augenscheinnahme dürfen keine Proben genommen werden“, betonte er.
Aus seiner Sicht sei der Zustand insgesamt in Ordnung gewesen. Warum eine der Hallen nun einsturzgefährdet sei, könne er nicht erklären.
Die Polizei hatte, als das Spezialeinsatzkommando in der auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen ehemaligen Kaserne der Bereitschaftspolizei aufgestellt wurde, ursprünglich nur Büroräume mieten wollen, erklärt Gerald Neumann, Leiter des Dezernats 21 bei der Polizeidirektion Oldenburg. Ein Immobilienmakler habe sich gemeldet und die Immobilie der
Popken Fashion Group angeboten. Bei den Verhandlungen habe sich herausgestellt, dass das Unternehmen eigentlich verkaufen wolle. Das Land willigte ein und zahlte.
Idee kam später
Die Idee, die Hallen als Trainingszentrum für die Polizeiakademie zu nutzen, kam erst später. „Nachdem 2019 dem
Nutzungskonzept zugestimmt wurde und damit die zukünftige Nutzung der Halle 1 feststand, wurde das Niedersächsische Landesamtes für Bau und Liegenschaften mit einer baufachlichen Beratung beauftragt. Dabei wurde festgestellt, dass die Trag- und Verkehrssicherheit der Halle durch die Stützen nicht mehr gewährleistet waren“, beschreibt Antje Tiede, Pressesprecherin des Niedersächsischen Finanzministeriums, den weiteren Fortgang. Tiede: „Inwieweit sich der Zustand der Halle zwischen Kauf und den baufachlichen Untersuchungen verschlechtert hat, lässt sich nicht mehr ermitteln.“
Gesamtkonzept folgt
Das Land habe in diesem Fall ein Grundstück mit großem Entwicklungspotenzial bei einem angespannten Bodenund Immobilienmarkt erworben. Die Liegenschaft biete aufgrund ihrer Lage auch gutes Potenzial für eine Erweiterung. „Insoweit ist dieser Kauf insgesamt nach wie vor als sehr vorteilhaft anzusehen“, so Tiede abschließend.
Zurzeit wird ein baufachlich zu beratendes Gesamtkonzepts für die Liegenschaft erarbeitet. Es soll Ende des Jahres vorliegen.