Ein längst überfälliges Signal
Kanzler Olaf Scholz hat sich durchgerungen: Sein Besuch in Kiew kommt spät, aber gerade noch rechtzeitig. Die Reise des deutschen Kanzlers, des französischen Präsidenten und des italienischen Ministerpräsidenten ist ein wichtiges Symbol für das kriegsgeplagte Land. Gut auch, dass mit dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis auch die Osteuropäer in Kiew mit am Tisch sitzen.
Es ist ein Zeichen der europäischen Geschlossenheit in einer Zeit, in der sich die Ukraine im Osten schwersten russischen Angriffen ausgesetzt sieht. Und man sich in der westlichen Öffentlichkeit so allmählich an den Krieg zu gewöhnen scheint.
Im Gepäck hatten die vier für Kiew eine Beitrittsperspektive zur EU – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Es war ein überfälliges Signal. In der EU gibt es viele Zweifler an diesem Beitritt. Dass sich nun auch der französische Präsident Emmanuel Macron in dieser Frage bewegt hat, spricht für eine enge Achse zwischen Berlin und Paris.
Doch das Signal der Reise nach Kiew kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Krieg in der Ukraine auch immer mehr zur Belastungsprobe der westlichen Verbündeten wird. Das Land braucht unendlich viel Waffen, Geld und moralische Unterstützung. Wie lange hat man im Westen dafür die Kraft und den Willen? Die Frage beliebt offen.
Innenpolitisch hat Scholz zumindest kurzfristig den Druck rausgenommen, die Forderung nach einem Besuch in Kiew ist nun vom Tisch. Nach wie vor gibt es bei Scholz die Sorge, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte.
Bleibt die Frage, wie lange die Gesellschaften in Europa, auch in Deutschland, bereit sein werden, wirtschaftliche Einschränkungen in Kauf zu nehmen? Dazu wird der Kanzler sich weiter und besser erklären müssen. Auf Scholz kommt ein schwieriger Sommer zu.
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