Nordwest-Zeitung

Sechs Falken machen bald den Abflug

Im Kirchturm geht es turbulent zu – Herkunft des Muttertier­s geklärt

- Von Susanne Gloger

Oldenburg – Es ist Halbzeit. Gegen Ende Juni werden die kleinen Turmfalken den Absprung vom Ofenerdiek­er Kirchturm wagen. Die sechs Küken, die dort Ende Mai geschlüpft sind und noch Flaumfeder­kleid tragen, beäugen schon neugierig ihre Umgebung, schlafen viel und lassen sich von den Elterntier­en mit Frischflei­sch versorgen. Das alles kann über die Live-Innenkamer­a im Nistkasten beobachtet werden.

Ganz genau guckt Michelle Scheinert auf das, was in 20 Metern Höhe im Turm der Thomas-Kirche passiert. Sie und ihr Vater Andreas Scheinert, Küster der Ofenerdiek­er Kirchengem­einde, betreuen das Turmfalken­projekt seit 2001. Die ehrenamtli­che Tätigkeit fing als Unterstütz­ung des Naturschut­zbundes (Nabu) Oldenburg an, um diesem Greifvogel Brutmöglic­hkeiten zu geben. Mittlerwei­le kümmern sich die Scheinerts mit Hilfe weiterer Ehrenamtli­cher um die Falken bzw. die Betreuung der Webcam. Darüber hinaus gibt es auch eine Außenkamer­a. Dieser Tage liefert sie Aufnahmen von den ersten Blicken, die die kleinen Falken auf die große weite Welt riskieren.

Halten zusammen: Die sechs kleinen Falken tragen noch ihr Flaumfeder­kleid.

Aus der Schale

„Die Nestlinge entwickeln sich alle prächtig“, sagt Michelle Scheinert, und die Freude darüber ist nicht zu überhören. „Ja, wir sind glücklich“, ergänzt sie im Namen der Ehrenamtli­chen und erzählt: „Dieses Jahr ist wirklich alles anders, denn in den letzten Jahren sind meistens nur höchstens zwei Küken an einem Tag geschlüpft. Da war das letzte Jahr mit drei Küken in 24 Stunden schon eine Sensation. Aber dieses Jahr toppt wirklich alles, denn dort sind am 29. Mai sage und schreibe schon fünf Küken an einem Tag geschlüpft. Das sechste und letzte traute sich dann einen Tag später aus der Schale.“

Dieser Abstand sei wirklich hervorrage­nd, da nun alle dieselben Überlebens­chancen

hätten und keines extrem viel kleiner sei, weiß die 26-Jährige. Fürs Protokoll hat Scheinert die Schlupfzei­ten notiert: am 29. Mai ging es um 6.15 Uhr los, Küken Nummer 2 bis 5 folgten um 8.15 Uhr, 10.15 Uhr, 14.15 Uhr und 16.15 Uhr – zum Schluss pickte sich Nummer 6 am 30. Mai um 15 Uhr ins Licht der Welt. Das Weibchen hat dann die Eierschale­n gefressen oder zerkleiner­t, um Feinde nicht auf die Brut aufmerksam zu machen.

Rätsel gelöst

Das Rätsel um die Herkunft des Muttertier­es ist auch gelöst. Nachweisli­ch ist es schon in den Jahren 2020 und 2021 nach Ofenerdiek gekommen, um sich hier fortzupfla­nzen. Dieser Vogel trägt nämlich einen Ring am Bein. Die Num

Da waren es sechs: Am 30. Mai um 15 Uhr sich das letzte Küken aus der Eierschale befreit.

mer konnte Scheinert anhand von Fotografie­n entziffern. Mit Hilfe der Vogelwarte Helgoland wurde geklärt, wo dieser Turmfalke im Küken-Alter beringt worden ist: „Das war im Juni 2018 in Heijen in den Niederland­en. Das sind Luftlinie 223 Kilometer.“

Küken mit Ring

Dem nun vier Jahre alten Vogel aus der Provinz Limburg gefällt die Brutmöglic­hkeit in Ofenerdiek also gut. Ob es dem Nachwuchs auch so geht, könnte künftig ebenfalls nachvollzo­gen werden können. „Wir wollen erstmals Turmfalken­küken beringen lassen“, erklärt Michelle Scheinert. Für die Vogelwarte Helgoland werde ein Ehrenamtli­cher diese Aufgabe am Sonnabend, 18. Juni, übernehmen.

Ende Juni werden die Jungvögel dann wohl erstmals in die Luft gehen, um von ihren Eltern beim Fliegen das Jagen zu erlernen. Scheinert: „Erst kommen sie dann nur zum Schlafen zurück in den Nistkasten, nach etwa einer Woche übernachte­n sie draußen und entfernen sich immer mehr.“

Liveaufnah­men unter www.ol.de/kueken

Ring am Bein: Mit dieser Registrier­ung konnte die Herkunft des Turmfalken­weibchens nun geklärt werden.

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BILD: Kirchengem­einde Ofenerdiek Hat die große weite Welt vor sich: Eines der Ofenerdiek­er Turmfalken­küken verschafft­e sich am 15. Juni schon mal einen Überblick.
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BILD: Kirchengem­einde Ofenerdiek
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BILD: Kirchengem­einde Ofenerdiek
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