Zwei Tage trennen die Brüder im Geiste
Genies der Popmusik: Paul McCartney und Brian Wilson fast zeitgleich vor 80 Jahren geboren
1972 Im Washingtoner Watergate-Hotel, der Wahlkampfzentrale der Demokraten, werden fünf Männer verhaftet, die Abhörgeräte installiert hatten. Die Spur führt zum Wahlkampfteam der Republikaner und ins Weiße Haus zu Präsident Richard Nixon.
1953 Sowjetische Truppen schlagen den Volksaufstand gegen die Partei- und Staatsführung der DDR nieder.
1397 Die dänische Königin Margrethe I. gründet die Kalmarer Union. Dem Reich gehören Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland an. 1523 wird die Union aufgelöst.
Geburtstage: Hanna Johansen (1939/Bild), als Hanna Margarete Meyer in Bremen geborene Schweizer Schriftstellerin („Der Füsch“); Igor Strawinsky (1882-1971), russisch-amerikanischer Komponist (BallettKompositionen „Feuervogel“)
Todestag: Fritz Walter (19202002), deutscher Fußballer und Ehrenspielführer der Nationalmannschaft, Weltmeister 1954; Sebastian Kneipp (1821-1897), deutscher Geistlicher und Naturheiler
Namenstag: Euphemia
Als im Jahr 1942 die blutigsten Weltkriegsschlachten geschlagen wurden und Europa in Schutt und Asche versank, leistete sich das Schicksal am Ende der dritten JuniWoche vor 80 Jahren eine Verschnaufpause und baute – vermutlich eine eingängige Melodie pfeifend – einen Bogen des Glücks zwischen Englands Nordwesten und Kalifornien. Nur Gott wusste davon.
Mit dem Abstand von zwei Kalendertagen wurden am 18. Juni in Walton/Liverpool Paul McCartney und am 20. Juni in Inglewood/Los Angeles Brian Wilson geboren. Und es ist nicht übertrieben zu sagen: Die Welt der Popmusik wäre ohne beide viel ärmer.
In den 1960er Jahren folgte die nächste Schlacht – diesmal zwischen Großbritannien und den USA; unblutig zwar, aber mit höchstem Materialeinsatz in den Plattenläden geführt. Vom ’65er-Album „Rubber Soul“der Beatles fühlte sich Brian Wilson, Kopf der Beach Boys, an der sonnigen USWestküste in höchstem Maß herausgeforder t, sodass er kurzerhand verkündete, er werde nun das beste Rock-album aller Zeiten schreiben.
Anfang 1966 kehrte er der Surfphilosophie endgültig den Rücken und tat sich mit dem Werbetexter
Tony Asher zusammen, um ein Werk zu kreieren, das heute als das große amerikanische Popalbum gilt. Außerdem verpflichtete er die besten Studiomusiker von Los Angeles – die übrigen Beach Boys waren kaum involviert. Und heraus kam „Pet Sounds“, Brians Wilsons Meisterwerk.
In einem Interview mit David Leaf unterstrich Paul McCartney einst, wie sehr ihm doch dieses Album gefiel. „,Pet Sounds’ haute mich aus
George Martin den Socken. Das lag in erster Linie an Brians Kompositionen“, schwärmte er. „Die andere Sache war die Bassführung. Brian verwendete Töne, deren Gebrauch nicht nahelag, und ließ darüber hinaus den Bass eine Melodie spielen. Ich glaube, das war vielleicht der große Einfluss, der mich zum Denken anregte, als wir ,Sgt. Pepper’ aufnahmen.“
Dank moderner und vielfältiger Aufnahmetechnik veränderte sich ab Mitte der 1960er Jahre die Produktion von Schallplatten extrem. Schon auf dem Beatles-Album „Revolver“aus dem Sommer 1966 erkennt man eine Komplexität in McCartneys Bassspiel; ein Merkmal, das er freimütig Brian Wilson zuschreibt, heißt es auch in Mark Lewisohns Kompendium „The Beatles Recording Sessions“.
Die musikalische Befruchtung setzte sich fort, als die Beatles den Gedanken des epischen Konzeptalbums mit „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“1967 auf die Spitze trieben. George Martin, Produzent der meisten BeatlesAufnahmen, meinte: „Ich glaube, dass ,Pepper’ ohne Brians Inspiration vielleicht
Revolver (August 1966)
nicht zu einem derartigen Phänomen geworden wäre. Brian Wilson ist ein lebendes Genie der Popmusik.“
Doch die Höchstleistungen hinterließen Spuren: Während sich in Kalifornien Brian, der unter dem tyrannischen Vater Murry litt und ab 1964 nicht mehr mit den Beach Boys auf die Bühne ging, in den Aufnahmesession verbarrikadierte, versuchte in den Londoner Abbey Road Studios Paul gemeinsam mit John Lennon und George Harrison, diese
Kompositionen zu entschlüsseln. Dazu noch mal George Martin: „Er gab den Beatles zu denken – und wir versuchten, mit ihm Schritt zu halten.“
Das folgende Projekt „Smile“sollte Wilsons Opus magnum werden. Das Projekt wurde immer komplizierter. Ganze Bücher sind über „Smile“und seine psychoemotionale Rolle im Wilson-Kanon geschrieben worden. Am Ende stellten die Sessions das letzte Aufbäumen von Brians Innovationsgeist dar. „Öffnete Wilson mit ,Pet Sounds’ die Tür zu einer neuen Welt, brachte ihn das Projekt ,Smile’ – und der damit einhergehende Drogenkonsum – direkt in die Hölle und zerstörte seine Psyche“, schrieb Charles L. Granata 2002 in seinem detailreichen Buch „I Just Wasn’t Made For These Times“.
Im Juni 2000 wurde Brian
Wilson in die Songwriters Hall of Fame aufgenommen, den Preis überreichte Paul McCartney. 2002 standen beide gemeinsam auf der Bühne.
Auf die Frage nach dem besten Song, der jemals geschrieben wurde, bekannte Paul, erfolgreichster Songwriter der Musikgeschichte und Schöpfer von „Yesterday“, „Hey Jude“und „Get Back“: „Brians ,God Only Knows’“.