„Entscheidung nach 30. Juni“
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP, 44) spricht zu den Themen Corona-Maßnahmen und Impfpflicht.
Die Infektionszahlen steigen sprunghaft an. Wird es nicht Zeit, die Corona-Maßnahmen wieder zu verschärfen? Buschmann: Die Bundesregierung beobachtet die Lage jederzeit gründlich. Von einer Entwicklung wie in Portugal sind wir aber weit entfernt. Wir haben außerdem die Hotspot-Regel. Das heißt: Sollte eine neue gefährlichere Variante auftreten oder sich irgendwo das Infektionsgeschehen drastisch zuspitzen und die Gesundheitsversorgung gefährden, können die Länder handeln.
Am 23. September läuft das Infektionsschutzgesetz aus. Werden Sie Maskenpflicht und 3G-Regeln als Werkzeug bereitstellen, damit man auf steigende Zahlen reagieren kann? Buschmann: Wir haben einen guten und wohlüberlegten Zeitplan. Am 30. Juni legt der Ausschuss von unabhängigen Sachverständigen seine Stellungnahme mit der Evaluation der bisherigen Maßnahmen vor. Danach entscheiden wir. Es macht ja etwa keinen Sinn, ein Werkzeug bereitzuhalten, das kaum wirkt, aber tief in den Alltag der Menschen eingreift.
Was haben Sie denn gegen die Maskenpflicht? Dass Masken die Ansteckungsgefahr senken, ist doch unbestritten. Buschmann: Ich habe nichts gegen die Maske, meine Frau und ich tragen sie auch, wenn wir etwa in den Supermarkt gehen – aber eben freiwillig. Will der Staat Masken vorschreiben, etwa in Innenräumen, muss das evidenzbasiert und verhältnismäßig sein. Ob das der Fall ist, besprechen wir, wenn alle Gutachten vorliegen.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist ein Flop. Sollte man sie wieder kassieren? Buschmann: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht greift ja in das Leben der dort Tätigen ein. Der Bundestag hat sie aber mit großer Mehrheit eingeführt, weil der Schutz der vulnerablen Gruppen hoch gewichtet wurde, also etwa Ältere und Kranke in Kliniken und Heimen. Als dann das Gesetz da war, haben viele Länder-Chefs dagegen opponiert. Das ist schon seltsam, da sie zuvor eine solche Pflicht gefordert hatten. Jetzt ist es Aufgabe der Länder, den Vollzug des Gesetzes zu sichern. Die Pandemie ist ja leider nicht vorbei, der Schutz der Menschen, die besonders gefährdet sind, bleibt wichtig.