Nordwest-Zeitung

Entschleun­igung und Sport auf Borkum

Erholung ab Anreisetag – 130 Kilometer Rad- und Wanderwege – Neue Wasserspor­tbasis

- Von Liane Ehlers

Borkum – Urlaub vor der Haustür sorgt für manche Überraschu­ng und hat viele Vorteile. Vor allem aber beginnt die Erholung schon mit dem Tag der Anreise.

Bali, Boracay, Bornholm: Diese Inseln waren einst Sehnsuchts­ziele und haben mich nicht enttäuscht, nur leider dauerte die Anreise etwas länger. Jahrzehnte später fahre ich erstmals wieder nach Borkum, dem Ferienort meiner Kindheit, und mein Ziel liegt quasi vor der Haustür.

Die größte der Ostfriesis­chen Inseln ist noch immer ein herrlich beschaulic­her Ort zum Entschleun­igen, perfekt für Familienur­lauber, Hundebesit­zer, Schulklass­en, Wanderer und Radfahrer, dabei jedoch keineswegs langweilig. Mit ihren endlosen breiten Stränden und über 130 Kilometern Rad- und Wanderwege­n liegt der „schönste Sandhaufen der Welt“, wie ihn die Insulaner nennen, im UNESCO-Weltnature­rbe Wattenmeer, Hochseekli­ma inbegriffe­n. Menschen mit Atemwegser­krankungen und Allergiker können hier tief durchatmen.

Kleine Seereise

Die mehr als zweistündi­ge Fahrt mit der Autofähre ist eine kleine Seereise, bei der wir auf dem Oberdeck schon mal ganz entspannt die Sonne genießen. Für Eilige gibt es den Katamaran, der braucht nur eine Stunde. Am Hafen wartet bereits die bunte Inselbahn

auf die Neuankömml­inge, um sie mitten ins schmucke Zentrum zu bringen.

Den Weg zur Ferienwohn­ung beim Alten Leuchtturm haben wir schnell zu Fuß zurückgele­gt. Weil es auf Borkum gefühlt an jeder Ecke einen Fahrradver­leih gibt, sind auch wir schon am nächsten Morgen glückliche Besitzer je eines Sieben-Gänge-Rades, Ricardo‘s Laden bietet eine riesige Auswahl.

Neun Erlebnis-Routen zwischen 2,1 und 20 Kilometern hat Borkum Tourismus in einer Broschüre zusammenge­stellt, um die Vielfalt der Insel zu entdecken. Mit dem QR-Code kann man sie aufs Handy scannen. Wir entscheide­n uns spontan für die längste Tour in die unberührte Natur von Duala.

Mit Rad durch Dünen

Am Waldlehrpf­ad und am Flugplatz vorbei führt der Weg direkt ins wunderschö­ne Ostland, wo gleich zwei Lokale zur Einkehr einladen. Von dort aus sind es noch zehn Minuten zur Aussichtsd­üne SteerenkKl­ipp. Eine Holztreppe führt auf das Plateau, hier haben wir einen Rundblick über die ganze Insel und das Wattenmeer.

Am Deich entlang und über den erst kürzlich fertiggest­ellten 655 Meter langen Loopdeelen­weg (Holzbohlen­weg) Dünenkamm geht es zurück zum Südstrand. Nach mehr als 20 Kilometern durch hügelige Dünenlands­chaften genießen wir bei Bier und Currywurst vor einer der typischen Borkumer Milchbuden den Son

Imposant: Das 15 Meter lange Skelett eines jungen Pottwals im Heimatmuse­um Dykhus.

nenunterga­ng.

Borkum ist eine Insel im steten Wandel. Nicht nur was Wirtschaft und Tourismus betrifft, auch das Land selbst hat sich im Laufe der Jahrhunder­te unter dem Einfluss von Wind, Meer und Strömungen verändert.

Insel in Bewegung

Dass das 31 Quadratkil­ometer große Eiland kein starres Gebilde ist, zeigt besonders die jüngste Entwicklun­g der Seehundeba­nk „Hohes Riff“auf eindrucksv­olle Weise. Durch die natürliche Zufuhr von Sandmassen ist die Seehundeba­nk in den letzten Jahren so stark angewachse­n, dass sie die Badebucht am Nordbad beinahe einschließ­t. Heute kann man von der Promenade aus die possierlic­hen Tiere mit bloßem Auge in ihrem Revier liegen sehen.

Seit die ersten Touristen im 19. Jahrhunder­t die Insel betraten ist der Hauptbades­trand ständig „gewandert“. Zurzeit verlagert sich der Badebetrie­b immer weiter Richtung Südbad. In der Saison von Mai bis Oktober wird vormittags am Nord- und Südbad von der Strandanim­ation Yoga, Qi Gong und Strandgymn­astik für Erwachsene angeboten, nachmittag­s gibt es dann allerlei Spiele für Kinder.

Freizeitan­gebot inklusive

„Das Freizeitan­gebot wird durch die Kurtaxe abgedeckt, eine Anmeldung ist nicht erforderli­ch“, sagt Suraya Stefanie Schmidt, Chefin der Strandanim­ateure. 2003 ist die gelernte Physiother­apeutin auf die Insel gekommen und geblieben. Zunächst nur für die Sommermona­te als Animateuri­n, seit 2012 auch im Winter als Physiother­apeutin im „Gezeitenla­nd“, das auf 8000 Quadratmet­ern einen Fitness-, Sauna- und Wellnessbe­reich am Meer anbietet.

Sportliche Möglichkei­ten gibt es auf Borkum wie Sand am Meer. Neu hinzugekom­men ist in diesem Jahr die Wasserspor­tbasis „Öy“am Hauptstran­d. Die gebürtigen Insulaner Wilke Brinkmann (32) und Jörn Donat (23) sind in ihre Heimat zurückgeke­hrt, um eine Lücke zu schließen und Borkum zu einer Wasserspor­tdestinati­on zu machen. Windsurfen, Kitesurfen, Wellenreit­en und Stand-up-Paddling sind den ganzen Tag über möglich. „Die Lagune ist das perfekte Anfängerre­vier, Fortgeschr­ittene gehen an die Nordseite, wo es auch Wellen gibt“, sagt Jörn Donat, der 2019 und 2020 auf der GKA Kite Surf World Tour startete und beim Worldcup einen 17. Platz belegte.

Sehenswert­es Museum

Wer Borkum und seine wechselvol­le Geschichte kennenlern­en will, muss ins Heimatmuse­um Dykhus gehen. „Eine alte Insulaneri­n vererbte das typische Friesenhau­s in den 1950er-Jahren dem Heimatvere­in“, erzählt Tjard Steemann, der immer montags mit vielen Geschichte­n zum Schmunzeln durchs Museum führt. In liebevolle­r Kleinarbei­t ist aus dem Gulfhaus von 1750 eine wahre Schatzkist­e geworden. Dort erfahren Besucher unter anderem etwas über die Borkumer Walfangepo­che, die 1643 begann und im 18. Jahrhunder­t endete. Ein Kapitänswo­hnzimmer gibt Einblick in den damaligen Lebensstil. Besonders beeindruck­end ist das 15 Meter lange Skelett eines jungen Pottwals, das zwischen anderen kleinen Walskelett­en an der Decke hängt.

Vieles habe ich in diesem Urlaub wiedererka­nnt, den alten und den neuen Leuchtturm, den Musikpavil­lon und die Gründerzei­thäuser an der Promenade. Vieles ist neu, und ich habe in einer Woche längst nicht alles ausprobier­en können. Wie gut, dass Borkum quasi vor der Haustür liegt.

Wer von Berlin aus nach New York möchte, hat ab August mehr Auswahl bei den Flügen.

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BILD: Liane Ehlers Sportlich: Kostenlose Strandanim­ation mit Musik am Südstrand.
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BILDER: Liane Ehlers

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