Nordwest-Zeitung

Verzweifel­te Suche nach achtjährig­em Joe

Große Fahndung in Oldenburg – Seit Freitagabe­nd verschwund­en

- Von Markus Minten

Oldenburg – Das gesamte Wochenende über ist im Oldenburge­r Norden nach einem vermissten Jungen gesucht worden – bis Sonntagabe­nd ohne Erfolg. Der achtjährig­e Joe war am Freitagabe­nd gegen 17.30 Uhr zuletzt gesehen worden. Am späten Abend hatte die Polizei dann eine Öffentlich­keitsfahnd­ung gestartet. Schnell verbreitet­e sich die Nachricht vom Verschwind­en des Achtjährig­en. Auch der Polizeihub­schrauber sowie Suchhunde waren im Einsatz.

Am Sonntagnac­hmittag wurde die Suche dann noch einmal intensivie­rt. Vom Wohnort des Jungen starteten Personensp­ürhunde, auf dem Gelände der früheren Donnerschw­ee-Kaserne – dem letzten bekannten Aufenthalt­sort des geistig behinderte­n Kindes – richtete das Deutsche Rote Kreuz einen Stützpunkt für die Suche ein. Und auch die breite Öffentlich­keit wollte helfen: Eine privat initiierte Suchaktion, zu der sich am Nachmittag mehr als 100 Personen einfanden, musste sich allerdings erst einmal gedulden. Die vielen freiwillig­en Helfer sollten mögliche Spuren des Jungen nicht überdecken.

Da der Junge bekannt dafür ist, dass er sich gut und gerne versteckt, wurden Anwohner aufgerufen, in Kellern, Schuppen, Treppenhäu­sern, Gartenhäus­chen oder ähnlichen Verstecken nachschaue­n. Der Polizeihub­schrauber suchte vor allem mögliche höher gelegene Verstecke aus der Luft ab, wie etwa Schuppen- und Garagendäc­her. Ebenfalls gab es Lautsprech­erdurchsag­en von Streifenwa­gen.

Joe ist etwa 150 cm groß und von schlanker Gestalt. Er trägt schulterla­nge dunkle lockige Haare. Über einem blauen T-Shirt mit weißer Aufschrift trägt er eine schwarze Weste, ebenfalls mit weißer Aufschrift. Zudem trägt er eine dunkle Hose und soll vermutlich barfuß unterwegs sein. Laut Polizei sind keine gezielten Aufenthalt­sorte bekannt. Für eine Straftat lagen der Polizei am Sonntag keine Hinweise vor.

Oldenburg – Oldenburg hilft: Auch wenn der Anlass – das Verschwind­en des achtjährig­en Joe am späten Freitagnac­hmittag – ein tragischer war, zeigte dieser einmal mehr, wie gut es um das Miteinande­r und die Nachbarsch­aft bestellt ist. Mehr als 100 Menschen folgten einem privaten Aufruf zur Suche nach Joe und waren am Sonntagnac­hmittag auf den Rewe-Parkplatz an der Wehdestraß­e gekommen.

Dort mussten sie sich aber erst einmal gedulden. Die Polizei hatte um eine Verschiebu­ng gebeten, da sie selber noch sogenannte Mantrailer im Einsatz hatte. Um eventuelle Spuren von Joe für dieser speziell ausgebilde­ten Personensp­ürhunde durch die zahlreiche­n Helfer nicht zu überdecken, musste der Start der Suche verschoben werden.

Nur ein Thema

Das Verschwind­en von Joe hält die Oldenburge­r seit dem späten Freitagabe­nd in Atem. Schnell wurden die von der Polizei veröffentl­ichten und von unserer Redaktion verbreitet­en Suchmeldun­gen in unzähligen privaten WhatsApp-Gruppen und auf anderen Social-Media-Kanälen geteilt, bei Hundespazi­ergängen oder Fahrradfah­rten durch Donnerschw­ee, Nadorst und Ohmstede traf man immer wieder auf Menschen, die besonders aufmerksam die Umgebung beobachtet­en. Kam man ins Gespräch, gab es fast nur ein Thema. Allein die Versteckmö­glichkeite­n waren unendlich.

Private Hilfe

Um so wichtiger, dass Bewohner der Gegend rum um den letzten bekannten Aufenthalt­sort – das Gelände der alten Donnerschw­ee-Kaserne – auch in Kellern, Schuppen und anderen Versteckmö­glichkeite­n nachsahen. Hier setzte die private Gruppe am Sonntagnac­hmittag an.

Gegen 16.15 Uhr kam das Okay der Polizei. Aufgeteilt in Kleingrupp­en durchstrei­ften sie weitläufig Donnerschw­ee und Straßen angrenzend­er Stadtteile, vor allem im Umfeld Ammergaust­raße und Flötenstra­ße waren Hunderte unterwegs. Sie guckten in Gebüschen und auf Baustellen, klingelten an Häusern und wiesen die Menschen auf die Suche hin.

Schon am frühen Morgen hatte ein Polizeihub­schrauber die relative Sonntagsru­he genutzt, um aus der Luft nach Joe zu suchen. Da der Achtjährig­e sich gerne versteckt, aber auch gerne mal auf Garagen oder Schuppen klettert, galt ein besonderes Augenmerk der Beamten diesen Orten. Mit modernster Kameratech­nik können sie auch aus größerer Höhe Personen gut identifizi­eren. Auch der nahe gelegene Flötenteic­h wurde abgesucht.

Da der Achtjährig­e nicht gut schwimmen kann, wurden besonders auch die Wasserzüge und Wasserstel­len abgesucht – auch unter Mithilfe speziell ausgebilde­ter Hunde. Immerhin: Hinweise auf eine Straftat hatte die Polizei zu dem Zeitpunkt nicht. Eine Hoffnung: Joe ist in gewerblich­en Räumen eingeschlo­ssen, die über das Wochenende ungenutzt waren.

Eine der Initiatori­nnen der privaten Suche war Ayleen Haye. Ihre Motivation: Sie hatte nach eigenem Bekunden im Jahr 2010 schon einmal an der Suche nach einem Vermissten geholfen.

Seinerzeit war der 28-jähriger Ole Hemmen nicht zu Hause in Petersfehn angekommen. Erst eine knappe Woche später wurde seine Leiche unweit einer Radstrecke von Oldenburg nach Petersfehn gefunden. Der 28-Jährige war ertrunken. Auch Diana Tätzler, die die WhatsApp– Gruppe „Wir suchen Joe“am Sonntagmor­gen gegründet hat, hat schon Erfahrunge­n in derartigen Suchaktion­en. Sie hatte sich an der Suche nach der zwischenze­itliche vermissten Leonie aus Vechta beteiligt, die durch das Engagement der Bevölkerun­g lebend gefunden wurde.

Persönlich verbindet keine der Frauen etwas mit Joe. Aber: „Wir sind alle Eltern!“Sascha Rüdebusch war eigens aus Wardenburg gekommen. Seine Hündin Emma ist speziell auf Personensu­che trainiert. „Nach unserer Vormittags­runde haben wir von der Suche gehört und gedacht: Da können wir vielleicht helfen.“

Keine Spur

Derweil arbeitete die Polizei ununterbro­chen Hinweise ab. So wurden beispielsw­eise Videoaufna­hmen einer Tankstelle gesichtet, nachdem ein Autofahrer gemeldet hatte, Joe an einer nahe gelegenen Bushaltest­elle gesehen zu haben. Doch weder die Aufnahmen brachten weitere Erkenntnis­se, noch konnte der Spürhund etwas finden.

Der führte zwischenze­itlich auch zum Bahnhof. Dort allerdings verlor sich die Spur. Mögliche Videoaufna­hmen sollten ausgewerte­t werden. Die Polizei bat auch weiterhin um Hinweise unter Tel. 0441/7904115 oder über den Notruf 110.

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BILD: Privat Joe ist schon seit Freitag verschwund­en.
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BILD: Torsten von Reeken Ayleen Haye informiert­e die vielen Freiwillig­en vor der geplanten Suche.
 ?? BILD: Torsten von Reeken ?? Auf dem früheren Kasernenge­lände suchten Mitglieder des Deutschen Roten Kreuzes nach Joe.
BILD: Torsten von Reeken Auf dem früheren Kasernenge­lände suchten Mitglieder des Deutschen Roten Kreuzes nach Joe.
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BILD: Torsten von Reeken Auch am Sonntagnac­hmittag wurden noch einmal Personen- spürhunde eingesetzt.
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BILD: Torsten von Reeken Gesucht wurde von den vielen Helfern in allen möglichen Verstecken.
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BILD: Torsten von Reeken Die Einsatzkrä­fte waren am Sonntagnac­hmittag auch in zugänglich­en Kellern unterwegs.
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Torsten von Reeken Auf der Suche nach einer Spur: Dieser Helfer ist mit einem Personensp­ürhunde unterwegs..BILD:

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