Aufhebungsvertrag ist für sie der Ausweg
Angestellte ohne Impfung sprechen über Erfahrungen – Bußgeld droht
Wildeshausen/Hatten/Harpstedt – Eines liegt Sandra B. (Name von der Redaktion geändert) am Herzen: „Mein Arbeitgeber und ich haben uns im Guten getrennt, er hat mich nie unter Druck gesetzt.“Die 37-Jährige aus der Gemeinde Hatten (Landkreis Oldenburg) will weder vor Gericht ziehen noch Verschwörungstheorien verbreiten, aber sie will sich nicht impfen lassen und hat für sich alle Konsequenzen gezogen. Still und leise.
Seit gut zehn Jahren arbeitet Sandra B. als Ergotherapeutin. Als feststand, dass zum 15. März die einrichtungsbezogene Impfpflicht kommt, hat sie sich mit ihrem Wildeshauser Arbeitgeber auf einen Aufhebungsvertrag zum 30. April geeinigt: „Dies kommt eigentlich einer Kündigung meinerseits gleich. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass dieses
Vorgehen in der Region ein Einzelfall ist“, stellt sie fest. Heute arbeitet sie als Verkäuferin.
„Mein Arbeitgeber hat versucht, das Unmögliche möglich zu machen, Gespräche mit dem Landkreis geführt, aber letztendlich sind ihm die Hände gebunden“, erzählt Sandra B., die bereits im Februar Corona hatte und genesen ist. Einfach aussitzen wollte die Pflegerin die Situation nicht – dazu sei der Druck zu groß gewesen: „Über kurz oder lang wird das Gesundheitsamt vermutlich Zwangs- und Bußgelder verhängen – bis zu 2500 Euro. Das ist viel Geld!“
Selbst wenn sie als Pflegerin unbezahlten Urlaub nehmen würde, müsste sie die Strafe zahlen. Und vor diesem Hintergrund hat sich die 37Jährige entschieden, die Weichen neu zu stellen – bevor ihr Arbeitgeber ein Tätigkeitsverbot verhängen muss. Dem ohnehin personell stark gebeutelten Pflegebereich steht Sandra B. verständlicherweise nicht mehr zur Verfügung, denn überall, wo sie Arbeit finden würde, macht ihr die einrichtungsbezogene Impfpflicht einen Strich durch die Rechnung: „Aber mich gegen meine Überzeugung impfen zu lassen, nur um im Pflegebereich arbeiten zu dürfen, kommt für mich nicht infrage.“
Einer, der bis auf Weiteres ungeimpft weiterarbeitet, ist Uwe P. (Name von der Redaktion geändert), der seit vier Jahren als Gruppenleiter im Pflegebereich in Wildeshausen tätig ist und sich aktuell berufsbegleitend zur Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung weiterbilden lässt, also Menschen mit Behinderung hilft, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Auch er hat Corona überstanden und will sich nicht impfen lassen. Das Frustrierende: „Trotz Weiterbildung werde ich ungeimpft keine Chancen haben, je in dem Job zu arbeiten.“
Der 35-Jährige aus der Samtgemeinde Harpstedt empfindet die Situation als große psychische Belastung: „Natürlich gibt es Kollegen, die tuscheln und lästern. Und die Androhung von Strafgeldern macht es nicht einfacher.“In den vergangenen Wochen hat er nahezu täglich mit Post vom Gesundheitsamt gerechnet.
Ob es überhaupt so weit kommt, ist nicht abschließend geklärt: „Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg muss erst entscheiden, ob die Durchsetzung von Zwangsgeldern überhaupt rechtens ist“, erklärt Oliver Galeotti als Landkreis-Pressesprecher. Ein Gericht in Hannover hatte nämlich im Mai geurteilt, dass eine einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht per Zwangsgeld durchgesetzt werden kann. Das lässt zumindest Uwe P. hoffen.
„Wir rechnen bis Ende Juni, Anfang Juli mit einem abschließenden Urteil“, sagt Galeotti.
Insgesamt gibt es im Landkreis Oldenburg 151 Menschen, die der einrichtungsbezogenen Impfpflicht unterliegen und sich laut Meldeportal nicht haben impfen lassen. Sollte das OVG das Zwangsgeld für rechtens erklären, würde das Gesundheitsamt zeitnah die ersten Aufforderungen verschicken.