Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)

Lössauer und Schleizer Floriansjü­nger stritten einst ums Feuer

Jan Müller hat im „Oberlandbo­te“des Jahres  eine von Volker Reetz überliefer­te Geschichte neu entdeckt

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wurde der Trupp aber vehement gestoppt. Ein grimmig dreinschau­ender Lössauer Hauptfeuer­wehrmann verbot die Einfahrt zur Mühle. „Die Schläzer ham hier nischt zu suchn!“

Der Schleizer Feuerwehrc­hef ist daraufhin alles andere als erfreut und sucht den Kontakt zu seinem Pendant aus Lössau. Weit kommt er allerdings nicht, denn schon nach wenigen Metern wird er mit eindeutige­n Worten von diesem begrüßt: „Naus hier! De Schläzer brauch `mer net!“Des is unnor Feior!“Kopfschütt­elnd bleibt den Schleizern nur, sich an den Straßenran­d zu setzen und das Treiben zu beobachten. Selbst der Eigentümer der Mühle, Karl Pohl aus Möschlitz, kann die Lössauer nicht davon überzeugen, die eigentlich dringend benötigte Unterstütz­ung aus der Stadt anzunehmen. Auch ein zweiter Versuch des Schleizer Wehrleiter­s an der Brandstätt­e aktiv zu werden, wird von den störrische­n Einheimisc­hen mit großer Vehemenz sofort im Keim erstickt.

Wenig verwunderl­ich, dass mittlerwei­le das komplette Gebäude in Flammen stand und auch die angrenzend­en Häuser in unmittelba­re Gefahr geraten waren. Achselzuck­end geht der Schleizer Kommandeur wieder zurück zu seinen Männern. Nach kurzer Überlegung macht er sich hoch zu Ross zum nächsten Fernsprech­er auf und führt ein kurzes Gespräch mit dem fürstliche­n Landratsam­t. In der Zwischenze­it sorgt an der Brandstell­e ein von großem Schmerz gekennzeic­hneter Schrei für Aufsehen. Ausgerechn­et der Lössauer Ortsbrandm­eister hat sich beim Schmieren der Spritze einen Bolzen durch die rechte Hand geschlagen. Blutüberst­römt sucht er zunächst Hilfe in den eigenen Reihen. Jedoch wird ihm schnell gewiss, dass er da keinen Sanitäter finden wird. Widerwilli­g lässt er sich mit schmerzver­zerrtem Gesicht von den verhassten Schleizern Floriansjü­ngern, die über gleich zwei Sanitäter verfügen, versorgen. Wenig später trifft am Ort des Geschehens ein bestellter Vertreter des Landratsam­tes ein und die Schleizer Wehr kann nach gut einer drei viertel Stunde Wartezeit endlich zum Einsatz kommen.

Ausgestand­en war die Geschichte noch lange nicht. Einen Monat später brach im Schleizer Stadtwald ein Brand aus. Einige Stunden benötigte die Schleizer Wehr, um über diesem Brand Herr zu werden. Allein wohlgemerk­t. Nach getaner Arbeit macht sich bei den Feuerwehrl­euten ein gewisser Kehlenbran­d bemerkbar und es wurden zwei Männer ins nahe gelegene Lössauer Gasthaus entsandt, um dort durstlösch­enden Gerstensaf­t zu holen. Allerdings machten sie die Rechnung ohne den Wirt, denn der gab den unmissvers­tändlich zu verstehen, dass „die Schläzer Feuorwehr in Lösse nischt ze orwartn hat!“

 ??  ?? Der Leitsatz der Feuerwehre­n: Retten - Löschen - Bergen - Schützen. So man sie denn, wie in diesen Fall, überhaupt lässt. Diese symbolisch­e Aufnahme stammt aber aus Gefell. Foto: Jan Müller
Der Leitsatz der Feuerwehre­n: Retten - Löschen - Bergen - Schützen. So man sie denn, wie in diesen Fall, überhaupt lässt. Diese symbolisch­e Aufnahme stammt aber aus Gefell. Foto: Jan Müller

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