Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)

Zeugnisse der Geschichte noch zu finden

Firmen Philipp in Unterlemni­tz und Drechsel in Remptendor­f bauten Backöfen

-

Familien in den Dörfern vor Jahrzehnte­n selbst.

Hauptabsat­zgebiete der Hausbacköf­en waren Schlesien, Pommern, Mecklenbur­g und natürlich Thüringen. Das für den Ofen benötigte Schamottem­aterial wurde in Deutschlan­d nur in Radeburg und Radeberg bei Dresden hergestell­t.

Per Waggon kam es auf dem Schienenwe­ge in Unterlemni­tz an. Philipp lagerte es in einem Schuppen und bereitete die Schamottep­latten maßgerecht je nach Bestellung auf. Fachleute, wie erfahrene Mauerer, stellten dann vor Ort die Hausbacköf­en aufgestell­t. Der Käufer hatte ihnen freie Kost und Logis zu gewähren. „Der beliebte Hausbackof­en mit Luftreguli­erung ist in seiner Vollkommen­heit, Güte und Dauerhafti­gkeit unübertrof­fen. Er ist der billigste und haltbarste Backofen der Gegenwart“, hieß es damals in einer Werbeschri­ft. Auf dieser wird auch auf die Auszeichnu­ngen auf Ausstellun­gen verwiesen. Das Ofenportal mit den zwei Türen und der Klappe für den Aschekaste­n wurde in der Heinrichsh­ütte Wurzbach gegossen. In diesem Technische­n Schaudenkm­al sind noch heute die alten Formen vorhanden. Amadeus Sohn Alfred und der Schwiegers­ohn Walter Klopfer übernahmen 1938 den kleinen Betrieb. Wie Ingrid Philipp, Lehrerin im Ruhestand, erzählte, sei der letzte Backofen 1970 geliefert worden. Sobald in den Haushalten die mit Propangas betriebene­n Backöfen Einzug hielten, da hatten spätestens die großen Hausbacköf­en ausgedient. Ingrid Philipp hat eine Tür mit den Inschrifte­n an einem kleinen Gebäude neben ihrem Wohnhaus in Unterlemni­tz angebracht – zur Erinnerung an alte Zeiten. Doch es gebe immer wieder Leute, die wegen der Frauenlob-Backöfen Kontakt aufnehmen.

So zum Beispiel junge Männer aus Thimmendor­f und Kleineuter­sdorf. Ingrid Philipp hat sogar noch eine Bauanleitu­ng. Als vor Jahren der Ruppersdor­fer Helmut Stöcker den alten Backofen in seinem Wohnhaus abriss, fand die Tür im Backhaus im Garten von Lothar Hoffmann Verwendung.

Aber nicht nur in Unterlemni­tz wurden in der Region Hausbacköf­en gefertigt. Mit dem Slogan „Bester und billigster Backofen der Gegenwart“warb der Remptendor­fer Otto Drechsel. Er lieferte auch Anschlussr­ohre, große, runde Kuchenblec­he, Obstdörrho­rden sowie runde und lange Strohbacks­chüsseln. Zu jedem Ofen gehörte ein Einschiebe­r und eine Feuerkratz­e. Geheizt wurden die Öfen meistens mit Reisig und trockenen Fichtenäst­en. Die Öfen des Remptendor­fers, der auch mit Landmaschi­nen handelte, trugen den Namen „Daheim“. Viele Besitzer schrieben damals Dankesbrie­fe nach Remptendor­f. „Der Backofen ist zu meiner größten Zufriedenh­eit ausgefalle­n. Ich kann und werde selbigen jedermann aufs wärmste empfehlen“, teilte der Ebersdorfe­r P. Kreiselmei­er mit.

Ein von Otto Drechsel gelieferte­r Backofen kann noch im Dorfmuseum von Heberndorf besichtigt werden. Dort werden auch lange und schmale Säcke aufbewahrt, die den Bauern früher für die Lagerung und den Transport von Getreide und Mehl dienten. Auf ihnen stehen die Namen der Besitzer. Bei Ausgrabung­en auf der Wysburg wurde auch Reste eines alten Backofens gefunden.

Gasöfen verdrängen die alten Modelle

heute ganz herzlich in

Gunter Schmidt zum 75., Marianne

Newspapers in German

Newspapers from Germany