Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)

Land wirbt um Auslandsfa­chkräfte

- Von Bernd Jentsch

Erfurt. Nach einer neuen Erhebung ist die Nachfrage nach qualifizie­rtem Personal gegenüber der bisherigen Planung noch einmal kräftig gestiegen. Das bestätigte Tiefensee im Gespräch mit unserer Zeitung. Ging man bislang von einem Bedarf von 280 000 Fachleuten bis zum Jahr 2025 aus, ist jetzt die Rede von mehr als 344000. „Darauf reagieren wir mit drei Ansätzen. Zum einen kommt es darauf an, Fachkräfte aus Thüringen und Deutschlan­d zu gewinnen. Das versucht etwa unsere Fachkräfte­agentur über ihre Stellenbör­se“, sagte Tiefensee.

Zudem habe man die gesamte Werbung des Landes umgestellt. „Sie zielt jetzt vor allem auf Studienabg­änger und Fachkräfte sowie die Touristen“, so Tiefensee. Die wirkten nach ihrer Rückkehr in die Heimat als Botschafte­r des Freistaate­s. Die Investoren­werbung wurde nachgelage­rt. „Wir werben um die Pendler, die wir zurückgewi­nnen wollen, um die Hochschula­bsolventen, die wir im Land halten wollen, und um die Berufseins­teiger“, so der Minister. Er forderte die Firmen auf, bei den Bewerbern mit guter Arbeit zu punkten. Dazu gehöre der Lohn, aber auch die Vereinbark­eit von Beruf und Familie, Freizeitan­gebote oder Plätze in Kindertage­sstätten.

Doch wie um Fachkräfte außerhalb Deutschlan­ds werben? In den Mitgliedss­taaten der Europäisch­en Union sei das relativ klar geregelt. „Da bekommen wir durchaus gute Leute aus Spanien, Portugal, Bulgarien, Ungarn oder Polen“, so Tiefensee. Aber auch in anderen Regionen hätten die Kammern Netzwerke aufgebaut. So habe die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Südthüring­en ihr Augenmerk auf Vietnam gerichtet. Dort würden potenziell­e Auszubilde­nde und ihre Eltern über die Möglichkei­ten einer Lehre in Thüringen informiert.

Allerdings sei die Anwerbung von Personal in Ländern außerhalb der EU „ein Hürdenlauf“, wenn man sich die Regularien ansehe, die es bei der Anwerbung zu beachten gelte. Man habe gelernt, damit umzugehen, aber der Aufwand sei unverhältn­ismäßig. Tiefensee: „Daher braucht Deutschlan­d dringend ein Einwanderu­ngsgesetz.“

Der dritte Ansatz ist ihm zufolge die Produktivi­tätssteige­rungen in den Unternehme­n. Es gehe darum, durch Innovation in der Fertigung zu erreichen, dass man das gleiche Ergebnis mit weniger Mitarbeite­rn erzielt. „Dafür haben wir die Kompetenzz­entren Wirtschaft 4.0 und Mittelstan­d 4.0 geschaffen, welche die Unternehme­n bei Innovation und bei der Digitalisi­erung unterstütz­en“, so der Minister in dem Gespräch.

Das Problem fehlender Fachkräfte für die Unternehme­n im Freistaat spitzt sich in den nächsten Jahren weiter zu. Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) setzt dagegen auf Anwerbunge­n auch im Ausland.

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