Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)

Die Wunden bleiben

MDR-Doku über die Schließung des Bergwerks Bischoffer­ode vor  Jahren. Filmemache­r legen das Versagen offen

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am Freitagabe­nd vor mehr als 200 Menschen aus dem Ort und der Region vor. Die Filmemache­r Olaf Jacobs und Dirk Schneider legen schonungsl­os offen, wo das Versagen 1993 zu suchen und zu finden ist.

Manche Unterlagen werden in dem 90-minütigen Film erstmals gezeigt. Zum Beispiel ein Brief vom damaligen Ministerpr­äsidenten Bernhard Vogel (CDU) an Bundeskanz­ler Helmut Kohl (CDU). Die Männerfreu­ndschaft sollte halten, indem die Bundesrepu­blik Millionen Euro nach Indien überweist, die von dort aus wiederum für einen Großauftra­g an das Kaliwerk Bischoffer­ode verwendet werden. Doch nichts von alledem ist passiert. Kali West bekam den Auftrag.

Die Privatisie­rung des Werkes missglückt­e ebenfalls. Weil es keinen Investor gab? Weit gefehlt. Johannes Peine wollte damals knapp 60 Millionen Mark investiere­n, um das Kali-Werk Bischoffer­ode aus der Fusion von Kali Ost und Kali West herauszuka­ufen. Das misslang nur deshalb, weil der Fusionsver­trag Kali West alle Trümpfe in die Hand spielte und keine Konkurrenz zuließ. Peine musste später selbst in Insolvenz gehen, verlor 395 seiner 400 Mitarbeite­r. Die Banken stellten ihm die Kredite fällig. Die damalige Bundestags­präsidenti­n Rita Süßmuth warnte ihn noch in einem Telefonat – aber eben nicht deutlich genug, wie er im Film klarmacht.

Dabei stimmte der Kundenstam­m von Bischoffer­ode. Das schildert Regine Tiedtke eindrucksv­oll, die sich in Bischoffer­ode um die Kunden kümmerte. Das Wiener Kali-Kartell, wo Preisabspr­achen stattfande­n, sagt sie, „war völlig überflüssi­g“. Für Bischoffer­ode jedenfalls.

Viele Zeitzeugen fanden Freitagabe­nd den Weg in die Festhalle des Ortes und sahen Bilder der Vergangenh­eit noch einmal. Manche haben sie längst verdrängt, andere diskutiert­en eifrig. Und immer wieder Kopfschütt­eln in den gut gefüllten Reihen.

Was die Bergwerker bis heute nicht verstehen: Wie kann eine Grube, in der noch Vorräte für die nächsten fünf Jahrzehnte lagern, einfach geschlosse­n werden? Mit der deutschen Einheit sollte doch alles besser werden. . .

Der Förderturm wurde vor wenigen Tagen erst abgebaut. Nur noch Reste sind zu sehen. Die Bergwerker von damals sehen sich im 25. Jahr der Schließung mit den Ereignisse­n in der Erinnerung konfrontie­rt. In dem Wissen, dass sie heute noch für den Kali-Staatsvert­rag mit jedem Euro Steuern mitbezahle­n.

Kopfschütt­eln über das Geschehen von damals

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