Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Das Dilemma der SPD
Der Asylkompromiss gibt Gegnern der großen Koalition Auftrieb – allen voran Kevin Kühnert
Zahl der Geflüchteten und Migranten, die jeden Monat nach Europa kommen, ist drastisch gesunken. Und dennoch kracht es in der Bundesregierung bei der Asylpolitik. Die Union will den internen Streit mit der Einrichtung von „Transitzentren“an der Grenze lösen – doch in der SPD wächst erneut die Gegenwehr. Wenn auch deutlich leiser als 2015.
Justizministerin Katarina Barley (SPD) lehnt den Asylkompromiss ab. „Diese sogenannte
Einigung lässt mehr Fragen offen, als sie beantwortet“, sagte sie dieser Redaktion. „Grundlage für unsere Zusammenarbeit bleibt der Koalitionsvertrag und die Bedingungen unserer Verfassung.“SPD-Vize Malu Dreyer sagt: An dem Kompromiss werde deutlich, dass es „ausschließlich um einen eiskalten Machtkampf“gegangen sei. „Jetzt wird sich die SPD Zeit nehmen, um die Vorschläge der Union gründlich zu prüfen und zu diskutieren.“Dreyers Bedingungen für eine Zustimmung: „Die Verbindung von Humanität, Ordnung und europäischer Zusammenarbeit ist für uns zentral – das muss sich am Ende auch in dem Ergebnis widerspiegeln.“
Die SPD ist in einem Dilemma, die Partei selbst gespalten. Viele SPDLandräte oder Bürgermeister fordern eine verschärfte Asylpolitik, um ihre Städte und Gemeinden zu entlasten. Doch viele in der SPD – gerade junge Sozialdemokraten – sehen in den Plänen der Union eine inhumane Politik und eine Einschränkung der Menschenrechte. Kanalisiert wird diese Stimme vor allem von Juso-Chef Kevin Kühnert. Er verwies gestern auf den Beschluss seiner Partei 2015 zu „Transitzonen“. „Und deswegen erwarte ich jetzt auch ganz klar, dass wir da auch nicht einfach einknicken“, sagte er.