Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Heftiger Streit um Justizreform in Polen
Oberste Richterin in Warschau widersetzt sich Zwangspensionierung. Harter Schlagabtausch im Europaparlament
Gerichtshof in Warschau betrat. Die umstrittene Justizreform, die auch die Herabsetzung des Rentenalters für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre vorsieht, verstoße gegen die polnische Verfassung. Das Gesetz war in der Nacht zu Mittwoch in Kraft getreten, begleitet von Protesten von Regierungskritikern: Sie sehen in der Reform ein politisches Manöver der nationalkonservativen Regierung, um missliebige Richter loszuwerden. Rund 1500 Menschen demonstrierten am Mittwoch vor dem Gerichtshof, am Vortag waren es 4000 .
Und nicht nur in Warschau gibt es Kritik: EU-Kommission und EU-Parlament sind höchst alarmiert. Doch alle Versuche der EU, die polnische Regierung zur Änderung der Justizreformen zu bewegen, sind weitgehend erfolglos geblieben. Im EUParlament zeigte sich der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Mittwoch hartleibig: „Jedes Land hat das Recht, sein Rechtssystem zu gestalten gemäß seiner Traditionen“, sagte er. Morawiecki verbat sich Belehrungen der EU und meinte, die Kritik beruhe auf „Unkenntnis“und „Missverständnissen“.
Der Vizepräsident der EUKommission, Valdis Dombrovskis, entgegnete, der Rechtsstaat in Polen werde systematisch bedroht, die bisherigen Zugeständnisse der polnischen Seite reichten nicht aus.
Die EU-Kommission hatte Anfang der Woche ein Eil-Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Schon seit Monaten läuft ein Rechtsstaatsverfahren, das mit dem Entzug der Stimmrechte Polens in der EU enden könnte. Sanktionen dürften allerdings scheitern, weil Ungarn angekündigte, bei einer Abstimmung sein Veto einzulegen.