Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Letzter Vertreter der „alten“Leipziger Schule
Lindenau-Museum Altenburg ehrt ab Sonntag Gerhard Kurt Müller und zeigt dessen Hauptwerke aus über Jahren
und Buchkunst Leipzig (HGB) in den turbulenten 1960er Jahren maßgeblich. Er war einer der namhaften vier Künstler der Leipziger Schule, ist heute der noch letzte Lebende.
Die von staatlicher Seite an die Hochschule getragenen kunstpolitischen Erwartungen widersprachen fundamental Müllers Vorstellungen eines freien künstlerischen Schaffens. Folglich verließ er 1968 freiwillig die Institution, legte alle Ämter nieder. „Er wollte freischaffend sein, sich ausschließlich der Kunst widmen“, erzählt Benjamin Rux, Kustos für Gemälde und Grafik des Lindenau-Museums Altenburg, der in Vorbereitung zur Ausstellung viele Gespräche mit Gerhard Kurt Müller geführt hat. Doch der Weggang von der HGB ging mit einer schwindenden öffentliche Wahrnehmung seiner Person einher. Seinen Platz neben den drei großen Künstlern der Leipziger Schule nahm schließlich Willi Sitte (1921-2013) ein.
Müller ging fortan seinen eigenen Weg als Künstler, der ihn von Leipzig aus auch nach Thüringen führte. Von einem Arbeitsaufenthalt in Posterstein in den 1970er-Jahren zeugen etwa das Gemälde „Abziehendes Gewitter über Posterstein“(1976) und die annähernd lebensgroße Holzskulptur „Postersteiner Knabe“(1977/78), die beide auch in der Ausstellung gezeigt werden. Zeitweise war Müller zudem von 1981 bis 1985 in Friedrichsdorf bei Erfurt tätig.
Von verschiedenen privaten und öffentlichen Leihgebern zusammengetragen – das Gros der Exponate stammt aus der 2004 gegründeten Gerhard-Kurt-Müller-Stiftung in Leipzig – werden nun in Altenburg 30 Gemälde, 22 Holzskulpturen und Bronzegüsse sowie 62 Zeichnungen gezeigt. Darunter befinden sich die zu Henri Barbusses Antikriegsroman „Le feu“(„Das Feuer“) geschaffenen 44 Zeichnungen des Zyklus’ „La Grande Guerre“von 2003. Neben der Lektüre waren es die eignen Erinnerungen an den Krieg als unfassbare menschliche Katastrophe, die immer wieder Eingang in sein Werk fanden. Erst nach 1990 sei es dem Künstler und Pazifisten gelungen, erzählt der Kurator Benjamin Rux, überhaupt die Tür zu seiner eigenen Vergangenheit aufzustoßen.
Ergänzt wird die Ausstellung durch 24 Druckgrafiken, drei Skizzenbücher, eine Reclam-Ausgabe von „König Ubu“mit Einzeichnungen des Künstlers, sowie zwei Handpuppen. Das älteste ausgestellte Werk ist ein 1952 gemaltes Selbstporträt, die jüngsten sind die beiden 2015 entstandenen Gemälde „Illusion“und „Maske mit Helm“, insofern ist die Schau auch eine Retrospektive.
Müllers Kunst zeichnet sich durch eine sehr eindringliche, klare Bildsprache aus: Seine Skulpturen sind geprägt vom Purismus, während seine Gemälde von klaren geometrischen Figuren dominiert sind, denen er Dringlichkeit und plastische Formen verleiht. Wer einmal die ausdrucksstarken Gemälde von Müller gesehen hat, wird dessen Handschrift immer wiedererkennen.
Anlässlich der Ausstellung in Altenburg erscheint ein umfänglicher Katalog (152 Seiten) sowie die Grafik-Literatur-Edition Nr. 14 des Förderkreises „Freunde des LindenauMuseums“mit einem Holzschnitt von Müller und einem Text des Leipziger Schriftstellers Manfred Jendryschik.