Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Karte weg, Konto leer – wann Kunden haften
Bestohlene bleiben teilweise auf dem Schaden sitzen, weil Banken Fahrlässigkeit unterstellen
Berlin. Die Tasche mit der Geldbörse stand noch im Aufenthaltsraum des Flughafens, als die Kabine des Fliegers bereits geschlossen war. Die Flugbegleiterin durfte sie nicht mehr verlassen. Eine halbe Stunde später wurde mit der Geldkarte der Frau Bargeld abgehoben. „Der Schaden wurde der Frau damals nicht ersetzt“, erinnert sich Frank-Christian Pauli, Kreditexperte vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Das Gericht ging davon aus, dass auch die Geheimzahl in der Tasche gewesen sein musste.
Dass Kunden in solchen Fällen auf den Kosten sitzen bleiben, passiert immer wieder. „Es geht dabei um den sogenannten Anscheinsbeweis“, sagt Pauli. Die grundlegende Frage lautet: Ist der Kunde sorgsam mit Karte und PIN umgegangen? Oder grob fahrlässig? Von grober Fahrlässigkeit geht die Branche aus, wenn die PIN auf der Karte vermerkt wurde. Auch wenn sie zusammen mit der Karte am selben Ort aufbewahrt wurde oder das Abhandenkommen der Karte nicht sofort bei der Bank oder der zentralen Sperrannahme gemeldet wurde, gilt das als Fehler des Kunden, erklärt das Portal „kartensicherheit.de“die Sicht der Banken.
Immer wieder aber fallen Kunden Betrügern zum Opfer, ohne fahrlässig zu handeln. „Manche Verbraucher werden ausgespäht, wenn sie mit der Karte bezahlen und ihre Pin eingeben“, sagt Achim Tiffe, Rechtsanwalt aus Hamburg. „Und manchmal werden auch Geldautomaten manipuliert.“
Doch auch wenn Kunden Karte und Daten sorgsam behandelt haben, können sie das im Schadenfall nur schwer beweisen. Denn der Anscheinsbeweis spricht meist gegen sie. Wurde unberechtigt Geld vom Konto abgehoben, reicht vielen Gerichten eine Erklärung des Kunden nicht aus.
Probleme mit der Haftung gibt es auch, wenn der Kunde Verlust oder Missbrauch der Karte nicht sofort seiner Bank mitteilt. „Erst ab der Meldung ist der Kunde geschützt und seine Mithaftung auf 50 Euro beschränkt“, so Pauli. Ein weiteres Problem geschädigter Kunden: Ohne Rechtsschutzversicherung lohnt es sich kaum, vor Gericht zu ziehen.
Verbraucherschützer kritisieren die entsprechenden Urteile immer wieder. „Die Annahme, dass im Schadenfall die Pin auf der Karte notiert worden sein musste, ist eigentlich lebensfremd“, sagt Mathias Hufländer von der Verbraucherzentrale Bremen. Zwar gelte seit Januar die zweite Zahlungsdienstrichtlinie PSD II, die die Stellung des Kunden eigentlich verbessere, weil sie vom Zahlungsdienstleister unterstützende Beweismittel verlangt, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Nutzers nachzuweisen, doch in der juristischen Praxis sei das noch nicht angekommen. (dpa)