Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
„Jogi Löw wird den Umbruch in der Mannschaft meistern“
Der Jenaer Bernd Schneider () über das Festhalten am Bundestrainer, deutsche Probleme und seinen WM-Favoriten
dem Puzzle nicht gepasst haben. Warum das so war, gilt es jetzt herauszufinden. So wie ich Jogi Löw kenne, wird er jeden Stein umdrehen und in der Analyse alles hinterfragen.
Angeblich gab es einen Riss innerhalb der Mannschaft: auf der einen Seite die Weltmeister von 2014, auf der anderen Seite die Confed-Cup-Sieger des vergangenen Jahres. War dies das Hauptproblem?
Von außen konnte man vielleicht diesen Eindruck gewinnen. Ob es wirklich so war, kann ich nicht beurteilen. Doch es gab ja noch andere Dinge, die nicht passten: Warum spielt Khedira bei Juve so eine Klasse-Saison und bringt das bei der WM nicht auf dem Platz? Oder wie sehr hat die Erdogan-Affäre die Spieler tatsächlich belastet? Dass sie nicht spurlos an Gündogan und auch Özil vorbeigegangen ist, konnte ja jeder sehen. Das muss jetzt alles aufgearbeitet werden.
Für Sie war lange Deutschland der WM-Favorit. Wer wird nun die Nachfolge antreten?
Da könnte ich vier, fünf Nationen nennen. Die Franzosen mit ihrer unglaublichen Dynamik und Angriffs-Power; die Belgier und Kroaten, die sich spielerisch enorm weiterentwickelt haben; die Engländer mit den vielen guten Talenten. Und natürlich die Brasilianer, die die Balance zwischen toller Offensive und stabiler Defensive gefunden haben.
Jetzt fehlen ja nur noch drei der Viertelfinalisten. . .
Auch die haben mich beeindruckt: Die Russen, die von ihrem Trainer taktisch hervorragend eingestellt sind und jetzt eine ähnliche Euphorie erleben wie wir 2006; die Schweden mit ihrer Abwehrstärke und mannschaftlichen Geschlossenheit und die Uruguayer mit ihrer Mischung aus Kampfkraft und Spielstärke. Das Schöne am Fußball auch bei dieser WM ist ja, dass er nicht berechenbar ist.
Und wenn Sie sich nun festlegen müssten?
Dann wäre es Frankreich.
Der „weiße Brasilianer“tippt nicht auf Brasilien? Weil Ihnen Neymar mit seiner Theatralik auf die Nerven geht? Über seine Klasse brauchen wir, glaube ich, nicht zu diskutieren. Wie er ein, zwei, drei Gegenspieler auf sich zieht, dadurch Räume für seine Nebenleute schafft und selbst noch trifft, ist außergewöhnlich. Was die andere Sache betrifft: Auch wenn er viel einstecken muss, hat er es nicht nötig, sich so zu verhalten.