Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Abschalten in Thüringen
Der Bundesminister für digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer, sagt den Funklöchern den Kampf an. Richtig so: Zwar hat sich die Zahl der nicht abgedeckten Gebiete in den vergangenen Jahren schon minimiert. Wer aber in Ostthüringen unterwegs ist, weiß genau, wo das Handytelefonat regelmäßig abbricht. In einigen Regionen dreht nur die Eieruhr, weil keine Einwahl ins mobile Datennetz möglich ist. Und das trifft längst nicht nur Reporter, die ein Bild von unterwegs in die Redaktion funken wollen.
Die Bundesregierung und die Netzbetreiber kündigen ein großes Ausbauprogramm an, um die Täler der Ahnungslosen auszumerzen. Dabei kommt es aber zu einem Zielkonflikt. Zwar ist der Vorsatz gut, neue Antennen zu errichten. Aber das wiederum führt zu Ängsten der Anwohner, die um ihre Gesundheit fürchten. Andererseits braucht es für Zukunftsanwendungen wie das autonome Fahren eine lückenlose Abdeckung.
In den USA gehen die Netzbetreiber bereits dazu über, Antennen in Fahnenmästen zu verstecken. Den Patriot freut es – und guten Handyempfang hat er auch. Auch Schornsteine entstehen, nur um die Funkzellen zu tarnen. Im Angebot sind auch künstliche Bäume mit eingebauter Antenne, getreu dem Motto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Dabei geht nüchtern betrachtet die größte Gefahr gar nicht von den Sendemasten aus, sondern von den Geräten, die wir täglich bei uns tragen. Hand aufs Herz: Beim Kauf schauen die meisten doch auf das schöne Design, den Speicherplatz oder die Qualität der Kamera, wenn die Entscheidung für ein Mobiltelefon fällt. Dabei lohnt sich ein Blick auf den SAR-Wert, der angibt, wie stark das Telefon strahlt. Den Grenzwert halten zwar alle Geräte ein, aber es gibt deutliche Unterschiede. Der Trend zu möglichst flächendeckenden Displays auf der Vorderseite und Metallgehäusen auf der Rückseite wirkt sich negativ aus, da eine höhere Sendeleistung notwendig ist, um mit der Funkantenne in Kontakt zu treten. Das Bundesamt für Strahlenschutz rät deshalb, möglichst oft mit einem Kabel-Headset zu telefonieren.
Letztlich hilft aber vor allem, wenn das Funknetz gut ausgebaut ist. Dann braucht das Gerät weniger Leistung, um sich einzuklinken – ein Argument für neue Funktürme. Wenn nicht, bleibt nur, aus der Not eine Tugend zu machen und in Regionen mit schlechtem Empfang das Handy ganz auszuschalten. Wäre „Abschalten in Thüringen“nicht ein toller Tourismus-Slogan?