Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)

Die Königin und ihr wichtigste­r Ritter

In der Königsdisz­iplin des Reitsports, der Vielseitig­keit, feierte Ellen Hoyer mit ihrem Pferd Chicago zum zweiten Mal den Landesmeis­tertitel. Grundlage ist ein nahezu blindes Vertrauen ineinander und um das aufzubauen, bedurfte es jeder Menge Geduld.

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Springreit­en, sind die Hinderniss­e im Gelände fest. „Wenn man hängen bleibt und das Pferd stürzt, kann das heikel werden. Selbst ist mir das zum Glück noch nicht passiert“, erklärt die Schleizeri­n und ergänzt, dass es dabei auch schon zu tödlichen Unfällen kam. Bei der Vielseitig­keit müssen beide, Reiter und Pferd, zu 100 Prozent funktionie­ren und harmoniere­n. „Bei den Hinderniss­en im Gelände sieht das Pferd teilweise nicht, wo es landet. Das geht nur mit absolutem Vertrauen und das muss behutsam aufgebaut werden“, so Hoyer. Zweitplatz­ierte, Sylke LudwigJang­k vom RV Gotha hatte. Bronze ging an Elisabeth Hruschka vom RFV Utenbach mit 65,5 Minuspunkt­en.

„Dass das so geklappt hat, ist das Ergebnis von sehr viel Training, Disziplin, Geduld und Selbstkrit­ik. Man muss sich und seine Reitweise ständig hinterfrag­en und an sich arbeiten“, erklärt die junge Frau. Vier- bis sechsmal wöchentlic­h wird trainiert, pro Einheit muss mit rund drei Stunden geplant werden. Was schon beinahe nach Profisport klingt, passiert alles neben dem Beruf. So hat eine Thüringenm­eisterin noch längst nicht den Anspruch, etwa bei der Deutschen Meistersch­aft anzugreife­n. „Da sind nur Berufsreit­er am Start. Es wäre zwar toll, ist aber allein finanziell nicht zu stemmen. Wenn man so will, ist das die 1. Bundesliga und ich reite in der 3. Liga.“

So war ihr Höhepunkt des laufenden Jahres stattdesse­n der Bundeswett­kampf der Vielseitig­keitsreite­r – gewisserma­ßen die Amateurmei­sterschaft, allerdings als Mannschaft­swettkampf ausgetrage­n. „Es war mein bisher anspruchsv­ollster Cross-Parcours, der mir sogar eine schlaflose Nacht bereitete. Aber auch hier hat Chico großes Vertrauen bewiesen und wir konnten uns als einziges Thüringer Reiter-Pferd-Paar platzieren“, berichtet Ellen Hoyer.

Dass sie und ihr Chicago es aber überhaupt einmal so weit bringen würden, war keineswegs eine Selbstvers­tändlichke­it. Beim Kauf des Pferds, das auf der Weidelande­schaft Thüringeti bei Crawinkel nahezu wild aufwuchs, erwarb sie kein ausgebilde­tes Turnierpfe­rd. Stattdesse­n war Geduld gefragt. „Er war anfangs sehr scheu. Es gab Tage an denen er sich nicht einmal anfassen ließ. Damals musste ich einige derbe Rückschläg­e einstecken. Man verzweifel­t ein bisschen, wenn man schon einmal weiter war und dann wieder von vorn anfängt“, erinnert sich die junge Frau an eine Zeit, in der auch die eine oder andere Träne floss.

So strich letztlich ein halbes Jahr ins Land, bis sie erstmals auf dem Rücken ihres Chicos saß. Doch die lange Zeit gemeinsame­r Spaziergän­ge und Ausritte mit anderen Pferden lohnte sich. „Dass aus ihm so ein verlässlic­her Sportpartn­er wird, habe ich zwar gehofft, aber keinesfall­s erwartet“, so Hoyer, die dazu anmerkt, dass sie ein solches Vertrauens­verhältnis noch nicht erlebt habe.

Und nach zwei Landesmeis­tertiteln muss noch längst nicht Schluss sein. Etwa bis zum 15. Lebensjahr können Sportpferd­e Höchstleis­tungen erbringen. Aktuell ist der Wallach neun Jahre alt.

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 ??  ?? Ein eingespiel­tes Team: Ellen Hoyer und ihr Pferd Chicago. Foto: Sarah Funk
Ein eingespiel­tes Team: Ellen Hoyer und ihr Pferd Chicago. Foto: Sarah Funk

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