Ostthüringer Zeitung (Bad Lobenstein)
Die Düsternis am Kap
Der Thriller „Die Stunde der Dunkelheit“zeichnet ein Bild der Gesellschaft Südafrikas nach der Apartheid
Denken in Rassen-Schablonen geprägt ist. Die Autorin lebt selbst mit ihrer Familie in Kapstadt. Rowe studierte Kreatives Schreiben und arbeitet unter anderem als Drehbuchautorin und Dokumentarfilmerin – ihre Filme wurden mit vielen Preisen bedacht. Zudem ist sie Mitbegründerin einer Gruppe von Filmschaffenden, die sich ganz offen gegen die Apartheid positioniert. In ihrem Schaffen setzt sie sich dabei stets intensiv mit der Wirklichkeit Südafrikas auseinander. So auch in ihrem jüngsten Buch „Stunde der Dunkelheit“.
Menschen wie Jones sind für einige zu schwarz und für andere nicht schwarz genug. Als sie im Rahmen ihrer Ermittlungen zu einer Abendgesellschaft dazu stößt, wird die Detektivin erst einmal für eine Kellnerin gehalten – im noblen Constantia, zwischen Weinbergen und Sicherheitszäunen, leben die Weißen schließlich weiterhin unter sich. Wer dort eine dunkle Hautfarbe hat, ist Wachmann, Gärtner oder Hausangestellte.
Dass sie, als einzige gerade zur Verfügung stehende Beamtin, sich um die beiden kleinen Söhne der entführten Frau kümmern muss, passt Jones gar nicht. Sie könne mit Kindern nichts anfangen, versichert sie ihrem Partner und Liebhaber, der nicht nur weiß ist, sondern obendrein mit ihrer Chefin verheiratet. Doch dann packt sie das Schicksal dieser Familie. Sie versteht die Jungen nur zu gut: Auch ihre Mutter verschwand spurlos, als Persy sieben Jahre alt war. Der Verlust prägt sie immer noch. Dann wird obendrein bekannt, dass ein 17-jähriges Mädchen in der Nacht der Entführung verschwunden ist – ein weiteres Verbrechen? Bei ihren Ermittlungen stößt die Detektivin nicht nur auf rassistische Borniertheit bei Familien, denen sie zu helfen versucht, auch unter den Kollegen hat sie einen schweren Stand. Korruption und Machtmissbrauch, ein gewalttätiges Machotum treten immer wieder zutage. Als die Polizistin dann auch noch die Rolle eines schwarzen Politikers in einem Streit um Grundstücke in Constantia untersucht, stößt sie in ein politisches Wespennest und weiß bald nicht mehr, wem sie überhaupt noch trauen kann. Alkohol und Sex werden zur Flucht aus der quälenden Vergangenheit und einer Gegenwart, in der Persy immer öfter gegen Windmühlen zu kämpfen scheint.
„Stunde der Dunkelheit“ist düster, mit einer Anti-Heldin, die sowohl rau als auch verletzlich ist. Es ist auch eine Abrechnung mit einem Südafrika, das den Traum der „Regenbogennation“noch lange nicht verwirklicht hat. „Wenn das hier ein neues Land ist, wieso ist es dann genauso voller Scheiße wie das alte?“, fragt eine desillusionierte Persy am Ende. (dpa)