Eklat um Landtagsdirektorin
Erfurt. Hat die Direktorin des Thüringer Landtags, als sie aus einer Stellungnahme an das Verfassungsgericht ganze Seiten tilgte, nur ihre Arbeit gemacht? So sieht es Landtagspräsident Christian Carius (CDU).
Oder hat sie das Gutachten aus parteipolitischen Interesse zensiert? So behaupten es die Regierungsfraktionen von Linke, SPD und Grünen.
Morgen will Carius in einer Sondersitzung des Ältestenrats erklären, dass Direktorin Birgit Eberbach-Born (CDU) aus rein sachlichen Erwägungen handelte, als sie fast ein Drittel der Stellungnahme durchstrich. Es ist zweifelhaft, dass er die Mehrheit überzeugen wird.
Denn es geht nicht nur um eine Formalie, sondern um das zentrale Projekt der rot-rot-grünen Koalition: die Gebietsreform. Die oppositionelle CDUFraktion hat vor dem Thüringer Verfassungsgericht mehrere Beschwerden gegen die Reform eingereicht. Eine davon ist eine sogenannte Organklage gegen Parlament und Innenausschuss.
Der Kern des Vorwurfs: Da die rot-rot-grüne Mehrheit in beiden Gremien eine Anhörung zu einem CDU-Änderungsantrag verweigerte, seien die Rechte der Unionsfraktion verletzt worden.
Nachdem die Klage eingereicht war, bat der Innenausschuss die Landtagsverwaltung um Zuarbeit für eine Erwiderungsschrift. Dabei sollte der wissenschaftliche Dienst zwei Varianten ausarbeiten: Eine für die Regierungsfraktionen – und eine für die Opposition.
So weit, so normal. Allerdings erreichte die Koalitionsfraktionen am Ende nur eine stark gekürzte Variante. Die Landtagdirektorin hatte mehrere der 36 Seiten einfach weggestrichen.
Nun ist es in einer Behörde völlig normal, dass Vorlagen entlang der Hierarchie überarbeitet werden. Allerdings gilt für die Landtagsverwaltung, die ja Dienstleister für alle Abgeordneten ist, eine strikte Neutralitätspflicht.
Für Rot-Rot-Grün ist dies ein Skandal. Die Direktorin, heißt es, müsse gehen, auch Carius sei beschädigt. Der Präsident und die CDU verteidigen hingegen das Vorgehen Eberbach-Borns als „üblich“, derweil die AfD der Koalition empfiehlt, statt „hysterischer Überreaktion einen professionellen Umgang mit abweichenden Rechtsauffassungen“zu lernen.
Allerdings war zumindest ein Verwaltungsmitarbeiter im Landtagsreferat über das Verhalten seiner Direktorin irritiert. Er merkte intern an, dass man die Endfassung nicht mittrage.
Die Parlamentsdirektorin hatte die Stellungnahme zur Gebietsreform-Klage der CDU stark gekürzt. Für Rot-Rot-Grün hat die CDU-Politikerin aus parteipolitischen Interessen gehandelt.