Zwischen Arena, Büro und Kindergarten
Dieses Mal mit dem Science-City-Urgestein Ermen Reyes-Napoles – angeblich kein Wurfwunder
auch ein vermeintlich schlechter Tag eines Ermen Reyes-Napoles reicht womöglich aus, um den Sportredakteur zu schlagen. Letztlich verwandelt er 18 seiner Würfe. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden. Er weiß jedoch, dass da noch Luft nach oben ist. Eigentlich trainiere er nie an der Maschine. „Das habe ich nur für dich gemacht“, sagt er und muss lachen.
Ermen Reyes-Napoles ist das Eigengewächs in den Reihen von Science City Jena. Dergleichen steht dann auch in den Programmheften für die Spiele, in denen der Kader der Jenaer vorgestellt wird. Während bei seinen Teamkollegen der letzte Verein steht, liest man hinter seinem Namen nur „Urgestein“. Er sei das, was man sich als Verein wünsche: ein Spieler, der sich innerhalb der Klubstrukturen entwickelt hat und diesem dann auch die Treue hält, sagt sein Trainer Björn Harmsen, der Reyes-Napoles schon eine gefühlte Ewigkeit kennt, ihn schon Björn Harmsen, Cheftrainer Science City im Kader des Bundesligisten ist, kam mit der 7. Klasse an die Sportschule. Angefangen hat für ihn jedoch alles in Rudolstadt, wo er auch das Licht der Welt erblickte. In der 5. Klasse fing er an, Basketball zu spielen. Doch in gewisser Weise war diese Sportart nur seine zweite Wahl, spielte er doch zuvor Fußball, durfte sich sogar beim einem Nachwuchs-Training des FC Carl Zeiss Jena vorstellen – wurde jedoch nicht genommen.
Wenn Reyes-Napoles über seinen derzeitigen „Broterwerb“spricht, wirkt es mitunter sehr nüchtern. Er beschwört keine Meta-Ebene, es klingt stets nach harter Arbeit bei ihm – jedoch Arbeit, die ihm sehr viel Spaß bereitet. Zwischen den Zeilen wird deutlich, dass der Profi weiß, dass es noch mehr gibt im Leben als nur Basketball – und auch ein Leben nach dem Sport. Und so ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass er neben seiner Tätigkeit bei Science City auch noch einen richtigen Job hat. Reyes-Napoles arbeitet teilzeit als Personal-Disponent bei einer Jenaer Firma.
Er ist damit der einzige Spieler, der nebenbei noch arbeiten geht. Und ja, es sei mitunter eine Herausforderung: „Ich bekomme das alles ganz gut unter einen Hut, doch ich bin natürlich den ganzen Tag auf den Beinen.“Die Tätigkeit jenseits des Courts sei ein Gegenentwurf zu seinem Basketballer-Dasein.
Reyes-Napoles war dabei, als denn die Basketballer aus der Saalestadt 2007/08 in die Bundesliga aufstiegen. Seitdem habe sich vieles verändert – die Liga und auch er, war er doch damals gerade einmal 18 Jahre alt und steckte noch in seiner Sturmund-Drang-Phase. Ein aufregende Zeit, zweifelsohne, doch fragt man den Ehemann und Vater – Sohn Julian ist drei Jahre alt und bei den Heimspielen des Papas regelmäßig zugegen – was denn der schönste Moment in seiner Karriere gewesen sei, muss er nicht lange überlegen: die Aufstiegssaison 2015/16. „Da hat einfach alles gestimmt. Das Team, die Spiele und auch die Stimmung war einmalig.“
Der Auftakt in die BundesligaSaison vergangenes Jahr sei indes von etwas holpriger Natur gewesen, oftmals habe man unglücklich verloren. „Doch wir haben uns auch von Spiel zu Spiel gesteigert.“
Gesteigert also, dergleichen kann ich von meiner PunkteAusbeute bei dieser Auflage nicht behaupten. Kategorie „unterirdisch“, irgendwas im einstelligen Bereich. Abhaken.
Vor dem Hintereingang der Arena wartet derweil Teammanager Stefan Kratz auf mich, möchte das Ergebnis wissen. Ich winke nur ab. Kratz lacht. Da geht plötzlich die Tür auf und Ermen Reyes-Napoles geht in Zivil samt geschulterter Trainingstasche an uns beiden vorbei, schnurstracks Richtung Auto. „Euch noch einen schönen Tag. Ich muss in den Kindergarten“, so der Basketballer – eben zuverlässig, freundlich und bodenständig.
„Ich kenne Ermen schon sehr lange. Er ist ein guter Kerl, die Art von Spieler, die man sich als Trainer wünscht. Einer, der stets alles gibt.“