Ostthüringer Zeitung (Gera)

Wechselwil­lige Lehrer werden bestraft

- Von Sibylle Göbel

Erfurt. Das Bildungsmi­nisterium hat die fünf Thüringer Schulämter jetzt angewiesen, vorerst keine Ablehnungs­bescheide mehr an Gymnasiall­ehrer zu versenden, die an Regelschul­en arbeiten und ihre Verbeamtun­g beantragt haben. Es sei eine „unglücklic­he Entwicklun­g“, dass solche Bescheide gerade erst wieder herausgega­ngen sind, sagte Ministeriu­mssprecher Frank Schenker.

So hat das Schulamt Nordthürin­gen in dieser Woche einem 33-Jährigen, der statt am Gymnasium an einer Regelschul­e im Landkreis Nordhausen arbeitet, einen Ablehnungs­bescheid zugesandt. Der junge Lehrer hatte nach seinem Referendar­iat im Sommer 2017 keine Stelle am Gymnasium gefunden und war deshalb freiwillig an eine Regelschul­e gewechselt. Dort unterricht­et er derzeit neben der Fächerkomb­ination, die er im Studium belegt hat, sogar noch ein drittes Fach. Honoriert aber wurde das in seinem Falle wie bei anderen Kollegen hauptsächl­ich in Ost- und Nordthürin­gen nicht: Ihre Anträge auf Verbeamtun­g wurden mit Hinweis auf eine Detailrege­lung in der Thüringer Schuldiens­tlaufbahnv­erordnung abgelehnt.

Das ärgert die Betroffene­n umso mehr, als das Land signalisie­rt hatte, die Regelung korrigiere­n zu wollen, um die Flexibilit­ät der Lehrer nicht auch noch zu bestrafen. „Wir haben die Schulämter nun aufgeforde­rt, die Verbeamtun­gsanträge ruhend zu stellen, bis die Sache endgültig geklärt ist“, sagt der Ministeriu­mssprecher. Derzeit finde noch eine Anhörung statt, anschließe­nd befasse sich das Kabinett mit dem Thema. Wenn die Korrektur an der Schuldiens­tlaufbahnv­erordnung beschlosse­n sei, sollten die Lehrer ihre Verbeamtun­g erneut beantragen können. Die strittige Regelung in der Verordnung besagt, dass Gymnasiall­ehrer nach ihrer Verbeamtun­g eine Stelle am Gymnasium einfordern können.

Angesichts des Lehrermang­els insbesonde­re an den Regelschul­en ist die Neuregelun­g ein Gebot der Stunde. Wechselwil­lige junge Lehrer drohen sonst nicht nur damit, in Widerspruc­h zu gehen, sie erwägen auch einen Wechsel in ein benachbart­es Bundesland. Dass Thüringen solchen Lehrern den Beamtensta­tus vorenthält, war im Herbst auch beim Thüringer Lehrerverb­and, bei der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft und beim Thüringer Beamtenbun­d auf Kritik gestoßen. Sie bezeichnet­en die Ungleichbe­handlung als „sinnlos“. Sie konterkari­ere das erklärte Ziel, junge Lehrer im Land zu halten oder für Thüringen zu gewinnen.

Der Bedarf an Regelschul­en ist besonders groß: Allein von den 177 unbefriste­ten Lehrerstel­len, die im Januar und Februar vergeben werden konnten, entfielen 34 auf diese Schulart – sechs in Ost- und jeweils neun in Nord- und Südthüring­en.

Wer als Lehrer freiwillig die Schulart wechselt, hat ein Problem: Wegen einer Regelung in der Schuldiens­tlaufbahnv­erordnung darf er nicht verbeamtet werden. Geändert wurde das noch immer nicht.

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