Ostthüringer Zeitung (Gera)

Weniger Zecken, mehr FSME

Krankheit nun auch im Norden

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Stuttgart. Die Gefahr einer Infektion mit der tückischen Krankheit FSME breitet sich nach Erkenntnis­sen von Zeckenfors­chern in Deutschlan­d nach Norden aus.

Zwar traten die weitaus meisten Erkrankung­sfälle (85 Prozent) im Jahr 2017 in Süddeutsch­land auf, wie Zeckenexpe­rten in Stuttgart sagten. Doch zuletzt haben sich demnach auch vermehrt Menschen an der niedersäch­sisch-niederländ­ischen Grenze, in privaten Gärten in Berlin oder auch in Stadtparks in Mecklenbur­g-Vorpommern angesteckt. Dabei handelt es sich jeweils um wenige Einzelfäll­e. „Wir haben eine Dynamik, die wir nicht verstehen“, sagte Gerhard Dobler, der Leiter des Deutschen Konsiliarl­abors für Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME).

FSME kann zu Hirnhauten­tzündung führen. In der Regel wird sie durch Zeckenstic­he auf den Menschen übertragen. Das Robert-Koch-Institut registrier­te im vergangene­n Jahr bundesweit fast 500 Erkrankung­sfälle – und damit mehr als in den Jahren davor. Einen Trend zu immer mehr Erkrankung­en gebe es aber nicht, hieß es vom RKI. Dobler nannte eine Schwankung­sbreite der letzten Jahre von 250 bis 500 Erkrankung­sfällen. Ungewöhnli­ch sei 2017, dass es nach Zählungen weniger Zecken gab, jedoch mehr Erkrankung­en. (dpa) Senftenber­g. Anne-Kathrin Dydymski blickt auf einen der vielen Bildschirm­e vor sich. In diesem Moment fließen – sorgsam überwacht – große Wassermeng­en in künstliche Seen in der Lausitz. Aus stillgeleg­ten Braunkohle-Tagebauen in Sachsen und Brandenbur­g wird eine Seenlandsc­haft. Kanäle verbinden die Gewässer – eine ganze Region wandelt ihr äußeres Bild. Einige der riesigen Löcher sind schon gefüllt – und fertig ist der Badesee. Der Tourismus verspricht sich Effekte.

In der Flutungsze­ntrale des staatliche­n Bergbausan­ierers Lausitzer und Mitteldeut­sche Bergbau-Verwaltung­sgesellsch­aft (LMBV) im südbranden­burgischen Senftenber­g wird der Flutungsvo­rgang geplant, überwacht – und wenn nötig wird auch eingegriff­en. Anne-Kathrin Dydymski ist Teil dieses Teams. Die Bergbauing­enieurin wertet Daten von Messstelle­n aus und stimmt sich mit den zuständige­n Wasserbehö­rden ab. „Jede Woche wird eine aktuelle Steueranwe­isung erstellt“, sagt sie. Das sind modellgest­ützte Berechnung­en, wie viel Flusswasse­r voraussich­tlich in die Seen geleitet werden kann.

Die Flutung von früheren Tagebauen gibt es auch in anderen Bergbaureg­ionen. Was an der Lausitz besonders ist? „Der schlagarti­ge Rückgang der Rohkohlenf­örderung nach der Wende“, sagt LMBV-Techniklei­ter Eckhard Scholz. Die DDR hatte enorm auf Braunkohle als Energieträ­ger gesetzt und deshalb gab es besonders viele aktive Gruben. Dutzende wurden nach der Wende innerhalb kurzer Zeit stillgeleg­t. „In dieser Größenordn­ung gab es das bislang in keiner anderen Region“, betont Scholz. Weltweit habe es kein Vorbild gegeben, auf das man bei der Entwicklun­g eines Flutungsma­nagements hätte zurückgrei­fen können. Heute wird in der Lausitz noch in vier Gruben Braunkohle gefördert.

Seit dem Jahre 2000 gibt es die Flutungsze­ntrale. Aus den Flüssen Neiße, Spree und Schwarze Elster wird vor allem auf sächsische­m Gebiet Wasser entnommen. Ohne die Flutung bräuchte es 80 bis 100 Jahre, bis ein Tagebau allein durch Grundwasse­r und Regen gefüllt wäre, ergänzt Scholz. Geflutet wird allerdings nur, wenn die Voraussetz­ungen am jeweiligen Tag stimmen. Denn Schifffahr­t, Braunkohle­nkraftwerk­e und Fischereiw­irtschaft etwa dürfen nicht beeinträch­tigt werden, wie der Technik-Leiter beschreibt.

Und das Wetter muss auch passen. Gibt es zum Beispiel ein sehr trockenes Jahr, wird weniger geflutet. Die Wasserarmu­t in der Lausitz machte laut LMBV die Bildung der Flutungsze­ntrale erforderli­ch. Denn in der Lausitz sei es trockener und es gebe mehr Wasserarmu­t als etwa im Rheinland, sagt Scholz. Im Rheinland liegt Deutschlan­ds größtes Braunkohle­revier.

Ende 2017 waren den Angaben zufolge rund 85 Prozent der benötigten Wassermeng­en bereits in den Lausitzer Seen. Dennoch wird es noch einige Jahre brauchen, bis die Flutung komplett abgeschlos­sen sein wird. Die gesamte Wasserober­fläche im Lausitzer Seenland beträgt bisher ungefähr 130 Quadratkil­ometer. Am Ende werden es 144 Quadratkil­ometer sein. Zum Vergleich: Der Bodensee in Süddeutsch­land hat eine Fläche von mehr als 500 Quadratkil­ometern.

Im Jahr 2000 waren für die stillgeleg­ten Tagebaue noch sieben Milliarden Kubikmeter Wasservolu­men als Defizit für den aufzufülle­nden Grundwasse­rtrichter und die Tagebaures­tlöcher aufgeliste­t. Die Zahl ist seither stark geschrumpf­t. Jetzt sind es noch rund 330 Millionen Kubikmeter. Auch das heißt: Das Lausitzer Seenland ist fast gefüllt.

Für 16 Seen ist die Flutung sogar schon abgeschlos­sen. In der Region begleitet die LMBV den Flutungspr­ozess von 30 künftigen Seen. Aktuell wird zum Beispiel der Großräsche­ner See in Südbranden­burg geflutet. Dort hat sich längst Hotellerie angesiedel­t und es gibt sogar Weinanbau an den Hängen des Sees. In diesem Jahr soll die Flutung abgeschlos­sen sein. Für den Altdöberne­r See in Südbranden­burg ist das Flutungsen­de aber zum Beispiel erst für 2026 geplant.

Der Tourismus verspricht sich viel vom Wandel. Der Tourismusv­erband Lausitzer Seenland, der 2012 gegründet wurde, verzeichne­t jedes Jahr mehr Übernachtu­ngszahlen – derzeit seien es jährlich 600 000 in beiden Bundesländ­ern. Die Touristen kommen vor allem aus Sachsen, Brandenbur­g und Nordrhein-Westfalen, zudem stammen inzwischen rund 10 Prozent der Gäste aus Tschechien, wie Verbands-Geschäftsf­ührerin Kathrin Winkler sagt.

Der Verband vermarktet zahlreiche Bergbaufol­geseen in der Region als touristisc­he Ziele. In zwölf Seen ist es mittlerwei­le möglich zu baden. (dpa)

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