Ostthüringer Zeitung (Gera)

Stralsunde­r Fischjäger suchen in Südamerika neue Arten

Jährlich werden weltweit rund  bis  Funde wissenscha­ftlich beschriebe­n. Einige Entdeckung­en gehen auf das Konto von Timo Moritz

-

Herbstblät­ter erinnernde Blattfisch­e, verpackte der Fischforsc­her in Tupperdose­n, die er in Fässern verstaute. Mit den Fässern im Frachtgepä­ck eines Flugzeugs kehrte der Forscher des Stralsunde­r Deutschen Meeresmuse­ums vor einigen Tagen in seine Heimat zurück. Hier in seinem neonbeleuc­hteten, fensterlos­en und leicht fischig riechenden Labor füllt der 40-Jährige die Tiere in alkoholgef­üllte Gläser um. In den nächsten Wochen, Monaten und vielleicht Jahren werden er und seine Mitarbeite­r die Fische untersuche­n, Schuppen und Zähne zählen, nach Strahlen und Mustern in den Bauch- und Rückenflos­sen suchen sowie die Struktur der Kiemenböge­n analysiere­n, um die Tiere verschiede­nen Gruppen und Arten zuordnen zu können. „Weltweit sind über 30 000 Fischarten bekannt. Jährlich kommen 400 bis 500 neue Arten hinzu“, sagt Moritz, der in den vergangene­n Jahren sechs neue Arten in den Flüssen Afrikas entdeckte. Die Tiefsee, das Amazonasge­biet, das indonesisc­he Korallendr­eieck und das afrikanisc­he Kongobecke­n gelten als Hotspots, in denen immer wieder neue Arten entdeckt werden können.

Diese Gebiete seien entweder sehr schwer zugänglich oder die Vielfalt sei wie in den taiwanesis­chen Gewässern so groß, dass man auch Arten übersehen habe. Bei Moritz stapelt sich die Arbeit wortwörtli­ch auf dem Arbeitstis­ch: Neben Bildschirm und Tastatur scheint jeder Quadratzen­timeter von einem Glas mit Fischpräpa­raten belegt zu sein. Dennoch liebt der Wissenscha­ftler die Systematik: Es ist die Ordnung der Stammbäume, die beweist, dass es keine Artenkonst­anz gibt, sondern dass Spezies sich seit Jahrmillio­nen an ihren Lebensraum anpassen.

Die Vielfalt der Fischarten lasse sich nur verstehen, wenn man die Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse kenne, sagt Moritz.

Und manchmal ist die nächste Entdeckung näher als gedacht: Seit 1983 steht in den Regalen der Sammlung des Stralsunde­r Museums das Präparat eines Sägehais, der vor der Küste Mozambique­s gefangen wurde. Im Jahr 2011 veröffentl­ichten kalifornis­che Wissenscha­ftler eine Studie, in der der Hai erstmals beschriebe­n und benannt wurde. Sie gelten nun als Entdecker der Art.

Moritz nimmt solche Erlebnisse eher sportlich und tippt mit seinem Fuß an ein Fass mit konservier­ten Fischen unter seinem Schreibtis­ch. Das Fass stammt wie das mit dem Sägehai von der 1983er-Exkursion. Es konnte bisher noch nicht aufgearbei­tet werden. (dpa)

Das Büro ist voller Fischpräpa­rate

 ??  ?? Fischforsc­her Timo Moritz zeigt im Meeresmuse­um Stralsund die zu den Zahnkarpfe­n zählenden Vieraugen. Foto: Stefan Sauer, dpa
Fischforsc­her Timo Moritz zeigt im Meeresmuse­um Stralsund die zu den Zahnkarpfe­n zählenden Vieraugen. Foto: Stefan Sauer, dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany