Risikobereitschaft zahlt sich aus
Planen Demuth in Freienorla fertigt maßgenau beschriftete Abdeckungen für Sattelauflieger und andere Fahrzeuge
zum europaweiten Verkäufer von Planen ebnete. Gerhard Demuth ist nicht der Typ, der um Hindernisse herum fährt. Stattdessen drückt er aufs Gas und bewältigt sie.
So war das schon 1980. Er hatte genug vom Angestelltendasein. „Das Selbstständige haben sie mir wahrscheinlich in die Gene gelegt“, erzählt er. Schon seine Vorfahren waren Geschäftstreibende, die Familie ist auch immer noch im Besitz der liebevoll sanierten Untermühle in Freienorla.
Die DDR-Führung, die auf Großbetriebe mit akkurater Planerfüllung setzte, ließen nur wenige Selbstständige als Kleinunternehmer zu. Gerhard Demuth hatte Glück. Der gelernte Werkzeugmacher und studierte Gerätebauer konnte seinen Betrieb für Kfz-Elektrik und Batteriedienst eröffnen. Nach der Wende formierte er das Geschäft zum Autohaus mit Kfz-Werkstatt um, das weiterexistiert. Auf die Idee, Planen anzufertigen, kam er über einen Cousin seiner Frau. Dessen Arbeitgeber fertigte in Oldenburg die PVCbeschichteten Abdeckungen. Demuth kurvte dafür durch das wiedervereinigte Deutschland, nahm die Maße der Fahrzeuge ab und verkaufte die Planen. Bis er sich schließlich sagte: Die Produktion kann er auch selbst übernehmen.
Es folgte das kurze Intermezzo im Gasthaus-Saal, bis er auf das ehemalige Gelände des VEB Kombinats Obst, Gemüse und Speisekartoffeln zog. „Es war Chaos“, erinnert er sich. Das Gebäude marode, das Dach undicht. Er besorgte sich die Schlüssel für den leer stehenden Komplex und konnte das Areal nach langem Drängen schlussendlich kaufen.
An seine ersten verdienten Deutschen Mark erinnert er sich noch gut. „Wir haben die Planen der Deutrans-Spedition neutralisiert“, erzählt er. Dem Schriftzug des einstigen DDR-Transportunternehmens kam er nur mit ätzendem Lösungsmittel bei, „durch das aggressive Zeug haben sich auch die Gummihandschuhe aufgelöst“. Der Einsatz lohnte sich, so wurden andere Kunden auf Planen Demuth aufmerksam, sagt er.
Das Geschäft folgt der Devise: „Sobald wir Geld verdient haben, haben wir es investiert.“Neue Produktionshallen und ein Verwaltungstrakt entstanden. Die Erstausstattung von Fahrzeugen großer Speditionsbetriebe macht das Hauptgeschäftsfeld des Freienorlaer Unternehmens aus.
Grafiker erstellen heute die Beschriftungen, um so den gesamten Ablauf von der Auftragsannahme bis zur Fertigstellung im eigenen Haus abzuwickeln. Sie suchen immer wieder nach technischen Konfektionären, frühere Sattler, die ihr Fachwissen ins Unternehmen einbringen. „Die Plane wird immer mehr zum High-Tech-Produkt“, erklärt der Geschäftsführer, so spielen Diebstahl- und Ladungsschutz eine größere Rolle in Zeiten von Planenschlitzern auf Autobahn-Raststätten.
2011 wurde Gerhard Demuth als Unternehmer des Jahres der Wirtschaftsregion Jena-SaaleHolzland vom Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft (BVMW) ausgezeichnet. Sein Engagement im Heimatverein und für soziale Einrichtungen lobte die Jury.
Der passionierte Flieger will beruflich langsam kürzer treten. Die technischen und strategischen Planungen liegen noch in seiner Hand, operativ hat er sich teilweise zurückgezogen. Die Fäden zieht seine Tochter Jana Demuth (44), die seit über zehn Jahren im Planen-Geschäft tätig ist. An sie soll das Unternehmen 2019 übergehen.
Er lobt das technische und organisatorische Geschick seiner Tochter, während sie rückblickend sagt: „Seine Risikobereitschaft war genau das, was es am Anfang brauchte.“
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