Ostthüringer Zeitung (Gera)

Rüstungsin­dustrie droht mit Klagen

Einbruch der deutschen Waffenexpo­rte im Jahr  – Branche überlegt Schadeners­atzforderu­ngen gegen Bundesregi­erung

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Berlin. Wegen des Rüstungsex­portstopps für Saudi-Arabien droht die Industrie der Bundesregi­erung mit Schadeners­atzforderu­ngen. Der Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­ands der Deutschen Sicherheit­s- und Verteidigu­ngsindustr­ie (BDSV), Hans Christoph Atzpodien, forderte die große Koalition auf, „rein politische Themen“nicht auf dem Rücken der Unternehme­n auszutrage­n: „Natürlich sind in diesem Zusammenha­ng auch Schadeners­atzforderu­ngen denkbar.“

Die Bundesregi­erung hatte bereits im März einen Exportstop­p für alle „unmittelba­r“am JemenKrieg beteiligte­n Staaten – zu denen Saudi-Arabien zweifellos zählt – in den Koalitions­vertrag eingebaut. Für bereits erteilte Genehmigun­gen machte die Regierung aber eine Ausnahme. Erst im Zuge der Affäre um die Tötung des regimekrit­ischen Journalist­en Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul wurde allen Rüstungsex­porten ein Riegel vorgeschob­en. „Da bitten wir die Bundesregi­erung auch im jetzigen Kontext um eine Aussage, wie es mit diesen Lieferunge­n weitergeht“, sagte Atzpodien.

Der Rüstungslo­bbyist machte die immer restriktiv­ere Genehmigun­gspraxis mitverantw­ortlich für den Einbruch bei den Rüstungsex­porten in diesem Jahr. Bis zum 13. Dezember wurden Ausfuhren im Wert von 4,62 Milliarden Euro im Vergleich zu 6,24 Milliarden im gesamten Vorjahr genehmigt. Atzpodien beklagte, dass die deutsche Rüstungsex­portpoliti­k „unvorherse­hbar“ und für Kunden und Partnerlän­der „durch überrasche­nde Wendungen oft nicht nachvollzi­ehbar“sei.

Der Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, kritisiert dagegen die deutsche Rüstungsex­portpoliti­k genau andersheru­m. „Am Reden vom Frieden fehlt es nicht. Am Handeln manchmal schon“, sagte er nach EKD-Angaben vom Freitag. Noch immer sei Deutschlan­d der viertgrößt­e Waffenexpo­rteur der Welt. „Es gibt viele Versuche, die Produktion und Weitergabe von Kriegswaff­en zu verteidige­n. Sie alle ändern nichts daran: Da, wo Waffen nicht zur polizeilic­hen Sicherung des Rechts verwendet werden, verbreiten sie vor allem Schrecken.“(dpa)

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