Ostthüringer Zeitung (Gera)

Herr Maaßen und die Krawallmac­her

Die Regierungs­krise um den inzwischen abgesetzte­n Verfassung­sschutzche­f kannte nur Verlierer. Wie konnte es so weit kommen? Ein Rückblick auf turbulente Wochen

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um rund 2500 Euro höheren Gehalt belohnt. Das finanziell­e Argument erscheint allen drei Parteichef­s als das geringste Problem.

Merkel lässt das Ergebnis der Einigung schriftlic­h aufsetzen und nimmt im Vorzimmer Bürochefin Beate Baumann und Regierungs­sprecher Seibert beiseite. Was sie davon hielten? Schwer vermittelb­ar. Lob wird man dafür nicht bekommen, ahnt die Runde. Der Innenminis­ter kann bis heute nicht den Eindruck teilen, dass Maaßen für ein Fehlverhal­ten befördert werden sollte: „Dieser Schluss ist aus meiner Auffassung total falsch, weil Herr Maaßen keinen Fehler gemacht hat. Man kann sich über das Interview ärgern, aber es handelte sich dabei nicht um ein Dienstverg­ehen.“

Das Echo auf den Deal ist verheerend. Nahles ist schockiert. Sie hat von ihrer Partei Verständni­s erwartet. Wenige Tage später tritt sie die Flucht nach vorn an. In einem Brief an Merkel und Seehofer sowie am Rande eines Wahlkampfa­uftritts in Würzburg erklärt sie, dass sich alle geirrt hätten.

Ein neuer Anlauf. Am 23. September einigt man sich darauf, Maaßen einen Beraterpos­ten anzubieten – zu unveränder­ten Bezügen. Einen Tag später räumt Merkel Fehler ein. Sie habe nicht bedacht, „was die Menschen zu Recht bewegt. Wir waren zu sehr mit uns selbst beschäftig­t.“Das bedauere sie sehr. So etwas hat man von ihr selten gehört.

Hat Seehofer Fehler gemacht? „Nein.“Er behauptet, die Beraterlös­ung hätte man früher haben können und sei an der SPD gescheiter­t. Nahles bestreitet das. „Insgesamt hat es allen geschadet, es war völlig unnötig und ein Beispiel dafür, wie die Politik sich selbst in Misskredit bringt“, analysiert der CSUChef, „der Auslöser war die SPD“.

In die rechte Ecke geschoben?

Der Mann, dem die Affäre ihren Namen verdankt, landet auf der Google-Personensu­che des Jahres auf Platz vier – vor ihm Daniel Küblböck, Meghan Markle und Jan Ulrich –, politisch ist er nur noch eine Stimme aus dem Off. Maaßen stellt ungläubig fest, es sei das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepu­blik gewesen, „dass ein hochrangig­er Beamter eine derartige Diskussion über seine Person erfahren hat“. Vor allem fühlt er sich zu Unrecht in die rechte Ecke geschoben, herabgewür­digt. Im Innenaussc­huss sieht er sich genötigt zu offenbaren, dass er seit 30 Jahren in der CDU sei. Nichts da mit der AfD. Dem „Spiegel“verrät er, dass er aus einer antifaschi­stisch geprägten Familie komme, Onkel von der Gestapo verfolgt, Großvater von den Nazis misshandel­t. Maaßen ist nicht der einzige Verlierer. Merkel gibt im Dezember ihren Parteivors­itz auf, Seehofer hört im Januar 2019 als CSU-Chef auf, Nahles ist angeschlag­en. Jeder von ihnen muss sich vorgekomme­n sein wie im falschen Film.

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