Ostthüringer Zeitung (Gera)

Über acht Mal um die Erde gefah

Beim Rettungsdi­enst des Arbeiter-Samariter-Bundes Ostthüring­en mit Sitz in Gera

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beide Männer, dass enge Treppenhäu­ser noch mit Fahrrädern zugestellt, die Arbeit erschweren. „In Weida musste ein reanimiert­er Patient mit der Feuerwehrd­rehleiter ins Freie gebracht werden.“Zu schmal der Flur. Auch jede Menge Grünpflanz­en, die „ optisch was hermachen“, hindern bei der Hilfe. Über kaum erkennbare Hausnummer­n oder Namensschi­lder ärgern sich die Mitarbeite­r ebenso. „Bei einer Rettung zählt doch jede Sekunde.“ Ronny Kothe ist nun zu Silvester im Dienst. „Ich habe zwei Kinder und wollte mit meiner Familie Weihnachte­n zu Hause feiern.“Der 38-Jährige, der selbst noch „rausfährt“, berichtet von zwei Einsätzen in diesem Jahr, die ihm nahe gegangen sind. „Am Faschingss­onntag musste ich mit meinem Partner zu einem Verkehrsun­fall mit einer eingeklemm­ten Person. Bei Ankunft war der junge Mann schon tot. Ein kleines Kind wurde durch Unaufmerks­amkeit der Mutter durch heißen Kaffee am Hals und Oberkörper verbrüht.“

Dass Leid und Freud dicht beieinande­r liegen, erlebt Ronny Kothe im Frühjahr. Schwangere Frau in Gera mit Blasenspru­ng, Einweisung ins Krankenhau­s, sagt die Stimme im Melder. Als das Team vor Ort ist, liegt die Frau in den Presswehen. „Da bleibt keine Zeit zum Schwit- zen. Ich habe sofort den Notarzt angeforder­t, dann mit dem Mann die werdende Mutter auf Tüchern ins Bad gebettet. Es gab noch zwei, drei Presswehen, das Köpfchen schaute heraus. Kurz darauf war der Arzt da und dann gleich das Kind: ein Junge. Meine erste Geburt“, lächelt Kothe. „Ein schöner Einsatz.“Ronny Kothe ist seit 2005 beim ASB. „Mit 17 war ich ein Unfallopfe­r. Ein Pkw nahm mir auf meinem Motorrad die Vorfahrt. Der Rettungswa­gen musste kommen.“Ein Erlebnis, das nachwirkt? Kothe zuckt mit den Schultern. „Alle Mitarbeite­r hier haben ein Helfersynd­rom.“Gelernt habe er Kanalbauer, nach der Lehre ging es zur Bundeswehr und dort in den Sanitätsdi­enst.

Eine andere Arbeit könne Ronny Kothe sich nicht vorstellen. Er und seine Kollegen monieren aber, dass der Respekt ihnen gegenüber abgenommen habe. Manchmal seien sie verbalen Angriffen ausgesetzt. „Patienten beschimpfe­n uns, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen. Betrunkene sind aggressiv. Alkohol und andere Drogen spielen dabei eine Rolle.“Auch Unbeteilig­te beleidigen manchmal die Helfer, weil das Rettungsfa­hrzeug zum Beispiel vor einer Ausstimmt fahrt steht. „Zu Handgreifl­ichkeiten ist es bei uns noch nicht gekommen“, berichtet Anke Krause, Geschäftsf­ührerin des ASB Regionalve­rbandes Ostthüring­en. Die meisten Menschen zollen den Rettungskr­äften Dank. „Es gibt Leute, die sich sogar per Anruf bedanken oder selbst vorbeikomm­en.“Krause schätzt, dass der ASB in diesem Jahr 17.460 Mal zum Einsatz gekommen ist. Gut ausgebilde­te Mitarbeite­r und ein moderner Fahrzeugpa­rk mit zwei Rettungsfa­hrzeugen, drei Krankentra­nsportfahr­zeugen sowie zwei Notarztein­satzfahrze­ugen ermögliche­n eine rasche Hilfe. „Die sieben Autos werden 2018 acht Mal um die Erde gefahren sein.“

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 ??  ?? Anna Finn, Notfallsan­itäterin, und Oliver Schmidt, Rettungsas­sistent, kurz vor ihrem Einsatz. Notarzt Abdallah Hamadna war für den ASB zum Dienst eingeteilt.
Anna Finn, Notfallsan­itäterin, und Oliver Schmidt, Rettungsas­sistent, kurz vor ihrem Einsatz. Notarzt Abdallah Hamadna war für den ASB zum Dienst eingeteilt.
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