Viva ist für immer Geschichte
Die deutsche MTV-Konkurrenz prägte in den ern die Musikkultur. Nach Jahren wird der Sender eingestellt
Berlin. „Wir sind mehr als nur ein Fernsehsender, denn wir sind euer Sprachrohr und euer Freund“, sagt Heike Makatsch. EsistdasJahr1993undeinneuer – ziemlich bunter – Sender hat gerade den Betrieb aufgenommen. Und Viva, so heißt der Kanal, hat Großes vor, auch wenn es aus dem Mund von Makatsch dahingeplappert klingt: „Und ab heute bleiben wir für immer zusammen, okay?“
An diesem Montag endet die Geschichte von Viva – nach 25 Jahren wird der Sender eingestellt. Die Abschluss-Show heißt ironischerweise „Viva Forever“(deutsch: Viva für immer).
Kaum ein Sender verkörperte das Lebensgefühl zwischen Backstreet-Boys-Poster, Inlineskates und Tamagotchi einst so sehr wie der Musikkanal, der in Köln startete, zuletzt aber aus Berlin ausgestrahlt wurde. Kaum ein Sender förderte auch in derart kurzer Zeit derart viele gute Moderatoren ans Tageslicht: Viva war Sprungbrett für Stefan Raab, Charlotte Roche, Sarah Kuttner, Oliver Pocher, Matthias Opdenhövel, Heike Makatsch und viele mehr.
Angetreten war er als deutsche Antwort auf die globale Coolness-Marke MTV. Die Betonung lag auf Deutsch. Auf Viva sollte deutsche Musik einen Platz haben, auch zur besseren Vermarktung. Vivas Geheimnis war indes, dass der Sender gar nicht deutsch wirkte: Perfektionismus und Millimeterarbeit gehörten nicht zu Tugenden. Die Moderatoren quatschten fast betont unprofessionell in die Kamera. Damit trafen sie aber den Nerv ihres Publikums, das zu Hause mit Zahnspange herumlümmelte und sich auch alles andere als perfekt fühlte. Unter anderem mit Youtube fing der Niedergang an. Im Internet entstand neue Konkurrenz, Musik wurde anders konsumiert. 2004 übernahm der USMedienriese Viacom, Eigner von MTV, Viva. Aus Konkurrenten wurden plötzlich Schwestern. Eine Vorzeige-Sendung wie „Interaktiv“wurde gestrichen. Der Sturz in die Bedeutungslosigkeit war bald kaum noch aufzuhalten. (dpa)