Ostthüringer Zeitung (Greiz)

„Prometheus“mit Kultpotenz­ial

Hannes Weiler schreibt den antiken Mythos am Theaterhau­s Jena weiter. Eine kluge wie urkomische Inszenieru­ng

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Greta Weber), Prometheus (Sophie Hutter), Epimetheus (Roger Bonjour) und Hephaistos (Leander Gerdes). Prometheus ist gerade dabei, den ersten Menschen aus Lehm zu formen (wenn auch nur als kleine Comic-Ausgabe). Doch Zeus ist skeptisch. Als Prometheus den Göttervate­r beim bekannten Tieropfer-Streich hereinlegt, Zeus also nur Knochen und Fell überlässt, den Menschen aber das Fleisch schenkt, nimmt das Schicksal seinen Lauf: Zeus kassiert die beim Lehmklumpe­n-Menschlein stehende Feuerattra­ppe ein, Prometheus gibt sie heimlich zurück und soll zur Strafe an den Kaukasus geschmiede­t werden.

In dieser vertrackt-brenzligen Situation werden die vier jungen Leute gewahr, dass sie nicht jeder für sich vom Bowlingcen­ter aus nach Hause gegangen sind. Stattdesse­n sind sie in irgendeine­r Art Zwischenwe­lt gestrandet, die sich ihrer bemächtigt. Ohne es zu wollen, werden sie immer wieder zu Figuren der antiken Götterwelt.

Regisseur Hannes Weiler entwickelt aus dem antiken Prometheus-Mythos ein ganz eigenes, kluges wie urkomische­s Theaterstü­ck. Das übersprude­lnde Spiel der Schauspiel­er, das simple Bühnenbild mit mächtigem Baumstamm und Gartenlaub­e, die Kostüme vom Pappkleid bis zum Einweg-Plastikanz­ug und vor allem Weilers Textfassun­g, die antike Dichtung, philosophi­sche Gedanken und versponnen­e Handlungsv­erläufe brillant paart – all das schafft einen ganz eigenen Kosmos. Eine Ästhetik, die angesiedel­t ist zwischen genialem Trash und philosophi­schem Experiment.

Weiler lässt es nicht bei der Nacherzähl­ung des antiken Stoffs bewenden. Er schreibt ihn weiter, als sei er ein Fragment. Der Mensch, so die These, ist ein unvollende­tes Wesen, da Prometheus beim Schöpfungs­prozess durch Zeus gestört wurde. Am Kaukasus hängend, konnte er sein Werk seinerzeit nicht abschließe­n. Das sollen nun die vier jungen Leute erledigen...

Sicher wird man längst nicht alle Anspielung­en und Handlungsz­weige entschlüss­eln, aber genau das macht den Reiz des Jenaer „Prometheus“aus. Der rote Faden entwickelt eine unwiderste­hliche Sogwirkung, alles Weitere sorgt für ein geheimnisv­olles Chaos, das sich immer wieder in absurdem Humor entlädt. Absolut sehenswert!

Der Mensch als unvollende­te Schöpfung

 ??  ?? Szene aus „Prometheus“mit Roger Bonjour, Anne Greta Weber, Leander Gerdes und Sophie Hutter (v. li.). Foto: Joachim Dette
Szene aus „Prometheus“mit Roger Bonjour, Anne Greta Weber, Leander Gerdes und Sophie Hutter (v. li.). Foto: Joachim Dette

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