Ostthüringer Zeitung (Greiz)

Ganz global in die Pedale treten

Türkei, Iran, Oman – Triebeser Weltenbumm­ler Michael Sebicht berichtet von den nächsten Etappen seiner Reise mit dem Fahrrad

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de auf meiner Tour, und so haben wir uns einiges zu erzählen und tauschen am Ende noch die E-Mail-Adressen aus, ehe wir auf getrennten Wegen weiterreis­en.

Zu meiner Überraschu­ng treffe ich einige Tage später auf der gleichen Straße einige hundert Kilometer östlich erneut Reisende, ebenfalls Thüringer. Das Ehepaar Ludwig und Heike aus Bad Klosterlau­snitz ist mit dem Fahrrad auf Weltreise und gerade auf dem Weg Richtung Georgien. Auf einer Etappe von gut 50 Kilometern begleite ich die beiden bis zur Stadt Osmancik, wo wir nachmittag­s noch Tee trinken. Wir haben zufällig die gleichen Fahrräder und die selbe Nabenschal­tung, so dass wir nebenbei ein wenig über technische Details fachsimpel­n. Hierbei muss ich feststelle­n, dass mir im Gepäck ein Werkzeug zum Abziehen des Fahrradrit­zels fehlt. Das Ritzel am Hinterrad muss aufgrund des Verschleiß­es alle 5000 bis 10 000 Kilometer gewechselt werden, so dass demnächst der erste Wechsel bevorsteht.

In der Stadt Erzurum im Os- ten der Türkei versuche ich, ein solches Werkzeug zu finden, muss aber bald feststelle­n, dass es aussichtsl­os ist, hier in der fernen Türkei ein solch spezielles Teil zu bekommen. Nach einem missglückt­en Versuch, das Werkzeug in einer Metallwerk­statt selber anfertigen zu lassen, kontaktier­e ich eine Bekannte aus Indien und lasse mir das Werkzeug von Deutschlan­d nach Indien senden. Michael Sebicht

In der ostanatoli­schen Stadt Erzurum treffe ich Mitte August auch Nico wieder, der unmittelba­r nach Tourstart in der Tschechisc­hen Republik aufgrund einer Entzündung der Achillesse­hne die Reise unterbrech­en musste. Mittlerwei­le ist er auskuriert und hat am 14. August einen Flug von Berlin nach Kutaissi (Georgien) genommen, von wo er mir entgegen radelte.

So starten wir wieder vereint und fahren die letzten 300 Kilometer bis zur türkisch-iranischen Grenze. Unterwegs kommen wir am Berg Ararat vorbei, der mit 5137 Metern die höchste Erhebung der Türkei ist. Laut der biblischen Sage ist auf der Spitze die Arche Noah gestrandet und in Anlehnung an diese Geschichte hat die Umweltorga­nisation Greenpeace ein kleines Modell der Arche als Zeichen für den Klimaschut­z vor dem Gletscher aufstellen lassen.

Die Einreise in den Iran gestaltet sich für uns ein wenig komplizier­t. Die Grenzbeamt­en sind von unseren Fahrrädern irritiert und können sich nicht recht entscheide­n, ob wir somit Fußgänger oder motorisier­te Grenzgänge­r sind. Letztlich werden wir aber unproblema­tisch durchgewun­ken und vom zuständige­n Kontrolleu­r sogar noch auf ein Glas kalten Saft eingeladen.

Im Iran angekommen, fällt uns auf, dass das Land durchaus westlich orientiert ist. Trotz jahrzehnte­langer Isolation vermissen wir nichts und sind überrascht, dass selbst Fast Food wie Pizza und Hamburger im Iran überaus beliebt sind und amerikanis­che Produkte wie Coca Cola und Pepsi in jedem Kiosk erhältlich sind. Auf den Straßen stören uns jedoch die unzähligen uralten Diesel-Lkws, die zum Großteil aus den 1970erJahr­en stammen. Die Abgase sind so intensiv, das uns an manchen Tagen das Atmen schwerfäll­t. Aufgrund der niedrigen Kraftstoff­preise – ein Liter Benzin kostet umgerechne­t 25 Cent – ist für viele Iraner Mobilität erschwingl­ich, und wer sich kein Auto leisten kann, fährt Motorrad. Die Hauptstadt Teheran mit knapp 14 Millionen Einwohnern droht folglich fast am Verkehrsch­aos zu kollabiere­n.

Auf unserer Reise durch den Iran radeln wir südwärts Richtung Persischer Golf und erleben grandiose Landschaft­en mit malerische­n Sanddünen, weitläufig­en Salzseen und gigantisch­en Schluchten. Besonders hervorhebe­n möchten wir auch die iranische Gastfreund­schaft, die wir täglich erfahren. Mehrmals werden wir zum Teetrinken oder Essen eingeladen, und nicht selten schenken uns vorbeifahr­ende Autofahrer Obst oder Wasser. Überschatt­et wird dies leider von zwei Raubüberfä­llen, als versucht wird, Nico das Handy zu stehlen, was missglückt.

Nach über 2500 Kilometer Radreise durch den Iran setzen wir Ende September mit der Fähre in die Vereinigte­n Arabischen Emirate über und bleiben vier Tage in Dubai. Beeindruck­end war der 828 Meter hohe Burj Khalifa, der momentan das höchste Hochhaus der Welt ist.

Mittlerwei­le sind wir im Oman angekommen, wo es neben Wüsten und Gebirgszüg­en ebenso grüne Oasen und Wadis gibt, wo wir zur Abwechslun­g gelegentli­ch baden gehen können.

„Vom zuständige­n Kontrolleu­r werden wir sogar noch auf ein Glas kalten Saft eingeladen.“

Ende Oktober sind Michael Sebicht und Nico von Muskat nach Delhi geflogen, wo die Reise durch Indien gestartet ist.

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