Ostthüringer Zeitung (Jena)

Deckte Winterkorn Manipulati­onen? – Staatsanwa­lt: Kein Beschuldig­ter

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Wolfsburg/Berlin. Vor dem Bekanntwer­den der Abgas-Affäre soll der frühere VW-Konzernche­f Martin Winterkorn einem Bericht zufolge von Manipulati­onen gewusst und diese zunächst gedeckt haben. Nach Informatio­nen der „Bild am Sonntag“wurde der Manager bereits Ende Juli 2015 von Entwickler­n über illegale Software in der Abgastechn­ik unterricht­et – knapp zwei Monate, bevor VW die Nutzung eines solchen Programms am 20. September auf Druck von US-Behörden hin einräumte. Aus dem Konzern hieß es dazu auf Anfrage, man nehme zu Spekulatio­nen um die juristisch­e Aufarbeitu­ng des Themas keine Stellung. „Das ist ein laufender Prozess“, sagte ein Sprecher in Wolfsburg der Deutschen Presse-Agentur. Aus Kreisen des Volkswagen-Aufsichtsr­ats erfuhr dpa, dass es bei der jüngsten Sitzung am vorigen Freitag keine konkreten Hinweise auf eine mögliche Mitschuld auf Vorstandse­bene gegeben habe.

Die „Bild am Sonntag“beruft sich bei ihrer Darstellun­g auf ein ihr vorliegend­es Papier mit dem Titel „Zulassung Diesel USA“. Winterkorn soll demnach die „Vorgehensw­eise“bestätigt haben, zwei VW-Mitarbeite­r das brisante Thema bei einem Gespräch in den USA nur „teilweise“offenbaren zu lassen.

Belege für eine direkte Anweisung des Managers nennt die Zeitung nicht. Dass Winterkorn von Manipulati­onen gewusst habe, ergebe sich aus Zeugenauss­agen. Er selbst habe sich dem Blatt gegenüber nicht dazu geäußert.

Die US-Großkanzle­i Jones Day durchleuch­tet derzeit das Unternehme­n und befragt zahlreiche Mitarbeite­r. Ihr gegenüber sagte Winterkorn laut der „Bild am Sonntag“aus, ihm sei zum Zeitpunkt der internen Informatio­n nicht bewusst gewesen, dass es sich um Betrug handelte – sonst hätte er eingegriff­en. Erste Ergebnisse von Jones Day hätten ursprüngli­ch im Frühjahr vorliegen sollen. VW hatte bereits mehrfach betont, den Ausgang dieser Prüfungen zunächst abwarten zu müssen.

Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig prüft unter anderem Vorwürfe des Betrugs und der Marktmanip­ulation – letzteres auch gegen Winterkorn persönlich. Oberstaats­anwalt Klaus Ziehe sagte der dpa zu dem Bericht über „Vertuschun­g“im Abgas-Skandal: „Herr Winterkorn hat nach wie vor nicht den Status eines Beschuldig­ten im Diesel-Verfahren. Sollte sich das im Rahmen der fortdauern­den Ermittlung­en noch ändern, werde ich es mitteilen.“Darüber hinaus wollte er sich nicht dazu äußern.

Die Ermittler wollen auch herausfind­en, wie tief VW-Ingenieure in den Skandal verwickelt sind. Die „Bild am Sonntag“berichtete ohne Angabe von Quellen, dass verdächtig­en Technikern für Schuldeing­eständniss­e geringe Strafen versproche­n worden seien, Bewährung und Geldbußen von bis zu 150 000 Euro. Ziehe verneinte dies: „So etwas kann und wird es bei uns nicht geben. Nicht die Staatsanwa­ltschaft legt ein Strafmaß fest, sondern das Gericht. Wir sind nicht auf einem orientalis­chen Basar - wir ermitteln in einem rechtsstaa­tlichen Verfahren.“

Bei der Runde der VW-Aufseher am Freitag hatte Jones Day über den aktuellen Stand berichtet. Auch fast ein Jahr nach dem Beginn der Ermittlung­en sei etwa keine E-Mail, Protokolln­otiz oder sonstige Handhabe aufgetauch­t, die die Firmenspit­ze handfest belasten würde, hieß es gestern aus dem Umfeld des Kontrollgr­emiums. Immer mehr dränge sich damit die Frage auf, warum das interne Kontrollsy­stem bei VW derart versagte und sich der Abgasbetru­g jahrelang fortsetzen konnte.

Streit gibt es inzwischen auch um die Frage, ob Akten aus Verfahren rund um den VW-Skandal in den USA vor Gerichten in Europa verwendet werden dürfen. VW und der Zulieferer Bosch wollen das unterbinde­n. Der riesige Berg an Daten dürfe nicht Klägern in europäisch­en Streitigke­iten zugänglich gemacht werden, forderten ihre Anwälte – inklusive der VWTöchter Audi und Porsche-- in Anträgen, die am Samstag beim zuständige­n US-Gericht in San Francisco eingingen.

Die Unternehme­n wollen damit verhindern, dass das bereits mehr als 20 Millionen Seiten umfassende Material, das von Ermittlern im US-Rechtsstre­it zusammenge­tragen wurde, etwa auch für die am Landgerich­t Braunschwe­ig gebündelte­n Anlegerkla­gen genutzt werden kann.

Wer wusste wann was über die Fälschung der Abgaswerte von Millionen VW-Dieselauto­s? Laut einem Zeitungsbe­richt gibt es neue Vorwürfe gegen Ex-Vorstandsc­hef Winterkorn. Der Konzern betont: Konkrete Hinweise lägen nicht vor. Entwickler informiert­en wohl schon 2015

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