Umgehungen ganz oben auf den Wunschzetteln
Großebersdorf, Frießnitz und Burkersdorf kämpfen deswegen seit vielen Jahren für eine Umgehungsstraße - und sind damit in Thüringen bei weitem nicht allein. Etliche Orte haben es in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans
2030 geschafft. Andere kämpfen noch darum.
Wird Thüringen nun, da das Autobahnnetz großzügig ausgebaut ist, zum Land der Umgehungsstraßen? Seit 2001 wurden laut Verkehrsministerium in Erfurt 36 Abschnitte von Ortsumfahrungen mit einer Länge von 120 Kilometern gebaut und dafür mehr als 449 Millionen Euro ausgegeben.
Bis 2030 sollen nun weitere 38 mit einer Länge von 200 Kilometern und Kosten von mehr als 868 Millionen Euro hinzukommen. Ziel sei es, in besonders verkehrsgeplagten Orten, Anwohner von Lärm und Abgasen zu entlasten, betont Verkehrsministerin Birgit Keller (Linke).
Die Pläne stoßen nicht überall auf Begeisterung. Von „reiner Betonpolitik“und einem „verkehrspolitischen Desaster“spricht der Landesgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND, Burkhard Vogel. Da mit dem Bau weiterer Straßen noch mehr Fläche versiegelt und die Landschaft zerschnitten werde, dürfe der Aus- und Neubau solcher Strecken nur das letzte Mittel sein, fordert er. Alternativen, den Straßenverkehr auf andere Weise aus den Orten zu bringen, würden nicht geprüft oder nur halbherzig angegangen. Als Beispiele nannte er eine Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen und den Ausbau von Bahnstrecken samt besserem Angebot im Nahverkehr.
Ministerin Keller sieht dagegen noch lange kein Ende beim Bau von Ortsumfahrungen. „Wir gehen von steigenden Verkehren aus“, sagt sie und verweist auf die zentrale Lage Thüringens. Deswegen müssten solche Projekte auch künftig ein Schwerpunkt der Verkehrspolitik sein. „2030 sind wir damit noch lange nicht fertig.“Die Sorgen von Umweltschützern und auch Bauern, die durch solche Vorhaben wertvolles Ackerund Weideland einbüßen, nehme sie ernst, versichert Keller. „Ich bin sehr dafür, dass wir die Lkw-Maut auf Bundesstraßen ausweiten.“Und es werde daran gearbeitet, als Ausgleichsflächen verstärkt vorhandene Industriebrachen statt Ackerflächen zu nutzen.
Damit die in der obersten Kategorie eingestuften Projekte letztlich tatsächlich gebaut werden, müssten auch die jeweiligen Planungen vorangetrieben werden. Etliche befänden sich da noch am Anfang. Und dem Land fehlt es hierfür an Fachpersonal. Keller spricht von aktuell 20 offenen Stellen in diesem Bereich, die nach ihrem Willen aber zügig besetzt werden sollen. Sie rechne zudem fest damit, dass - wie vom Bund zugesagt - für alle Projekte aus dem vordringlichen Bedarf auch das dafür notwendige Geld zur Verfügung gestellt werde.