„Großfamilien sind nicht sozial schwach“
Seitenroda. Darüber ärgern sich Ute Kemmerich, Katrin Konrad und Donatha Castell wirklich sehr: Wollen sie mit ihren Kindern ins Schwimmbad oder Museum und dafür eine Familienkarte erwerben, werden sie ungläubig gefragt „Sind das alles ihre Kinder? „Wir können dann nur all unsere Kinder beim Namen nennen, aber einen Nachweis haben wir nicht, denn im Ausweis sind die Kinder ja nicht mehr aufgeführt“, erklärt Katrin Konrad. Man müsste also das Familienstammbuch bei Ausflügen immer dabei haben. Doch es geht auch anders.
„In Sachsen etwa wird Eltern mit drei und mehr Kindern, die als kinderreich gelten, von den Gemeinden ein „Familienpass“ausgestellt“, erklärt Johannes Beleites, Geschäftsführer des Verbandes Kinderreicher Familien Thüringen. Der Pass bringe keine finanziellen Vorteile – und belaste auch die ausgebende Stelle nicht – aber er vereinfache den Alltag von Großfamilien erheblich. „Deshalb bemühen wir uns bei der Thüringer Landesregierung auch intensiv um einen solchen Familienpass.“Und es gebe erste positive Signale dafür aus der Staatskanzlei, informierte Beleites am Sonnabend beim Mitgliedertreffen auf der Leuchtenburg.
Der Verband, der in Thüringen 216 Mitglieder hat, vertritt die Interessen von über 12 600 kinderreichen Familien im Freistaat. Eins der großen Probleme, bei denen der Verband unterstütze, sei die Suche nach geeignetem Wohnraum. „In Städten wie Jena, Weimar oder Erfurt ist der für Großfamilien nicht mehr bezahlbar, Alternative ist oft nur das Land“, bedauert Landesvorsitzende Katrin Konrad. Doch dort sei das Leben für Kinderreiche teuer, wenn man nur an das Transportproblem zu Kindereinrichtungen und Schulen denke. „Großfamilien sind sicher oft finanziell schwach, aber keinesfalls sozial schwach“, bemerkt Donatha Castell aus Weimar, die selbst in einer Patchwork-Familie lebt, zu der fünf Kinder gehören. Wer mit mehreren Geschwistern aufwachse, besitze einfach größere Sozialkompetenzen als etwa ein Einzelkind. Leider würden diese Vorteile in der Gesellschaft nur gering geschätzt. Das wolle der Verband jedoch ändern.
Wenn mehr als zwei Kinder zur Familie gehören, haben es diese im Alltag nicht einfach: Bei Bahnfahrten, im Schwimmbad oder Museum kommen sie oft in Beweisnot. Ein „Familienpass“könnte das ändern.