Sich Ausprobieren steht hoch im Kurs
Jena. Dass sich ihre Schüler ganz bewusst einer Geheimschrift bedienen, um den Lehrer auf die Probe zu stellen, diesen Eindruck hat mancher Lehrer bei der Kontrolle von Leistungskontrollen oder Diktaten. Doch mit dem unleserlichen Gekritzel in manchem Schülerheft hatte das nichts zu tun, was Oskar und neun andere Kinder beim „Mach-bar-Tag“am Sonnabendvormittag im Workshop von Vilja König übten.
„Streng geheim!“stand an der Tür des Klassenzimmers, das die Gruppe in der Galileoschule besetzte. Die junge blonde Frau – sonst Abiturientin an der Lobdeburgschule – entpuppte sich als Expertin der Kryptologie, also der Wissenschaft, die sich mit der Verschlüsselung und Entschlüsselung von Informationen befasst. Von ihr erfuhren die Kinder nicht nur, wie der römische Feldherr Gaius Julius Caesar auf die Idee kam, schriftliche Botschaften zu verschlüsseln, sondern sie machten daraus gleich ein Theaterstück. Und sie übten sich dann fleißig in der Benutzung des „Cäsar-Codes“und der „Verschiebechiffre“. Denn das war die geniale Idee des alten Römers: Die Buchstaben des Alphabetes um eine bestimmte Anzahl zu verschieben. „Bei einer Verschiebung etwa um drei Buchstaben wird also aus dem A ein D und aus dem E ein H und so weiter“, erklärt Oscar aus Jena begeistert. „Wenn der Adressat der Information den Verschiebeschlüssel kennt, kann er jede Nachricht entschlüsseln“, sagt der Junge und präsentiert am Kursende seine Botschaft: „ABO HROP TXO TLLI“.
„Der Geheimschriften-Kurs war diesmal so begehrt, dass wir zwei Kurse einrichten mussten“, freut sich Christina Walther, Geschäftsführerin des „witelo“-Netzwerkes. Dieses ist Veranstalter der „Mach-bar-Tage“, die bereits zum zwölften Mal stattfanden. „Die Idee, einen ganzen Tag lang Schülern Angebote zu machen, bei denen sie sich in verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaften und auch kreativ ausprobieren können, haben wir vor drei Jahren mit der Lobdeburgschule und der Montessorischule Jena entwickelt“, berichtet sie. Es gibt Kurse für jüngere Kinder, schon die Großen im Kindergarten können hier mitmachen, und es gibt anspruchsvollere Herausforderungen für größere Kinder und Jugendliche: diesmal etwa den „Seifenzauber“, bei dem beim Matschen mit Wasser und schäumenden Zutaten Grundwissen in Chemie vermittelt wurde. Auch der PorträtZeichenkurs mit Mark Hargrave war eine Herausforderung, wurde er von dem Kunst- und Englischlehrer doch in Englisch abgehalten. Die Galileo-Schule in Winzerla hatte sich um Teilnahme am „Mach-bar-Tag“beworben, „weil dessen Konzept nicht nur bestens zu unserem Namensgeber, dem Astronomen Galileo passt, sondern auch zu unserem Schulkonzept“, erklärt Lehrer Torsten Brendel. Die Arbeitsgemeinschaft „Mit witelo experimentieren“gebe es schon an der Schule. Der Zulauf ist so groß, dass man schon einen zweiten Termin finden musste.
„Und dann ist bei uns in den Grundschulklassen sowieso jeder Mittwoch ein Forschertag. Da wird viel experimentiert, mit Wasser, Luft und anderen Sachen“, ergänzt der Pädagoge. Das mache den Kindern viel Spaß. Es sei nicht selten, dass die Kinder enttäuscht seien, wenn der Schultag schon mittags zu Ende sei.
Von der Lern-Begeisterung an der Galileo-Gemeinschaftsschule spreche auch die Teilnehmerzahl von 66 Mädchen und Jungen am 12. „Mach-bar-Tag“, sagt Christian Walther. „Das ist unser bisheriger Teilnehmerrekord“, freut sie sich.
Normalerweise ist es sonnabends still in einer Schule. Lehrer und Schüler erholen sich am Wochenende vom Schulstress. In die Galileoschule in Winzerla kamen jedoch am Wochenende Mädchen und Jungen freiwillig zum Lernen. Kurse in verschiedenen Schwierigkeitsgraden