Ostthüringer Zeitung (Jena)

Eine Chance ist vertan

- Von Jörg Quoos

Es hätte alles so würdevoll sein können: Der Bundesauße­nminister macht zum wichtigste­n Gedenktag Israels seinen Antrittsbe­such und betont die historisch­e Verantwort­ung der Deutschen. Israels Führung unterstrei­cht im Gegenzug die großartige Entwicklun­g der Beziehunge­n.

Doch diese Chance ist vertan. Sigmar Gabriels Besuch in Israel hat sich völlig überrasche­nd zum diplomatis­chen GAU entwickelt. Regierungs­chef Benjamin Netanjahu hat es einmal mehr geschafft, einen der wichtigste­n Unterstütz­er Israels vor den Kopf zu stoßen. Nach USPräsiden­t Barack Obama hat es jetzt den deutschen Außenminis­ter getroffen.

Dass Netanjahu Gabriel wie den Vertreter eines Schurkenst­aates hat stehen lassen, ist ein Affront. Die Absage ist ein Schlag für die gesamte Bundesregi­erung und beschädigt die mühselige Arbeit derjenigen, die sich im Alltag um gute Beziehunge­n zu Israel bemühen.

Natürlich hat Netanjahu mit seiner schroffen Art überzogen. Aber die alte Volksweish­eit, dass zu einem Streit immer zwei gehören, trifft auch in diesem Fall zu. Es ist ein bemerkensw­ertes Versagen, dass es dem Auswärtige­n Amt nicht gelungen ist, ausgerechn­et zum Holocaust-Gedenktag ein unfallfrei­es Besuchspro­gramm abzustimme­n. Zu einem solchen Showdown hätte es niemals kommen dürfen. Schließlic­h geht es bei den Beziehunge­n zwischen Deutschlan­d und Israel um mehr als nur um Gabriel und Netanjahu.

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