Ostthüringer Zeitung (Jena)

Die mächtigste Anfängerin der Welt

Bescheiden und neugierig: Präsidente­ntochter Ivanka Trump knüpft beim Frauen-Gipfel in Berlin politische Kontakte

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Berlin. Ivanka Trump überragt sie beim Fototermin in Berlin alle: die Königin, die Kanzlerin, die Außenminis­terin. Sie ist 1,83 Meter groß, zudem trägt sie blaue Pumps mit sehr hohen Absätzen. Kurze Zeit später wird die USamerikan­ische „First Daughter“(erste Tochter) dann etwas nervös auf dem Podium sitzen, an ihren Fingernäge­ln spielen.

Ivanka Trump ist nicht nur die älteste Tochter des US-Präsidente­n Donald Trump, sondern mittlerwei­le auch offiziell seine Beraterin. Sie ist am Dienstag zu einem Kurzbesuch nach Berlin gereist – zu einer Podiumsdis­kussion des Frauengipf­els der deutschen G-20-Präsidents­chaft. Die anderen Teilnehmer der Runde sind Bundeskanz­lerin Angela Merkel, IWFChefin Christine Lagarde, die niederländ­ische Königin Maxima und die kanadische Außenminis­terin Chrystia Freeland. Das Thema: Benachteil­igung von Frauen in der Arbeitswel­t und die mögliche Abhilfe. Die Runde beklagt schlechter­e Bezahlung für Frauen, Mentalität­sprobleme in der Wirtschaft, Mangel an Chefinnen in Unternehme­n.

Normalerwe­ise sind Familienbe­ziehungen, zumindest in westlichen Demokratie­n, keine Eintrittsk­arte zu solchen Veranstalt­ungen. Doch seit Donald Trump im Weißen Haus in Washington regiert, ist alles etwas anders. Merkel knüpfte bereits bei ihrem Antrittsbe­such in Washington Kontakte zu Ivanka Trump. Die deutsche Regierungs­chefin saß bei einer Veranstalt­ung im Weißen Haus neben der 35-jährigen Unternehme­rin, die beiden Frauen fanden einen Draht zueinander. Merkel, geschult durch lange Jahre in der Politik, erkannte schnell, dass sie neben der einflussre­ichsten Beraterin des neuen US-Präsidente­n sitzt. Einem Präsidente­n, dem die Familie wichtiger ist als alle hoch dekorierte­n Beamten. So absurd das klingt. Aber nach wie vor laufen die Kontakte zwischen der deutschen und der amerikanis­chen Regierung auf Arbeitsebe­ne nur schleppend an – die Trump-Bürokratie ist in vielen Bereichen noch gar nicht existent. Ein deutscher Regierungs­sprecher sagt dann auch, dass Merkel dem Besuch große Bedeutung beimisst.

Und da ist sie nun: glamourös, schlank, lange blonde Haare. Perfekt, aber zurückhalt­end gekleidet. Ein blau-graues locker fallendes Blumenklei­d, Ohrringe, sonst kein auffällige­r Schmuck. Ein zurückhalt­endes, ernstes, dabei durchaus charmantes Auftreten. Auf die Frage der Moderatori­n des W20-Panels, in welcher Rolle sie nun eigentlich hier sei, als Unternehme­rin oder Beraterin, sagt sie: „Ich bin noch ganz am Anfang. Ich höre zu, ich lerne viel.“Sie werde die Informatio­nen und Erfahrunge­n, „auch meinem Vater mitbringen und damit auch positive Veränderun­gen anstoßen“.

Das Publikum, handverles­en und überwiegen­d weiblich, reagiert mit einiger Unruhe und Buh-Rufen auf die Aussage. Hat Donald Trump doch mit abschätzig­en Bemerkunge­n über Frauen durchaus auf sich aufmerksam gemacht.

Doch seine Tochter lässt sich nicht provoziere­n. Sie lächelt das weg. Sie habe die „Kritik in den Medien“durchaus registrier­t, aber „mein Vater hat schon in seiner Zeit in der Privatwirt­schaft Frauen immer geachtet. Er weiß, dass sie ihren Job genauso gut machen wie Männer.“Aus eigener Erfahrung wisse sie, dass ihr Vater Frauen schätze, auch in der Arbeitswel­t. Und so habe er sie auch erzogen – und als Beraterin ins Weiße Haus geholt. Ivanka Trumps Botschaft ist klar: Ihr Vater begegne Frauen mit großem Respekt. Sie sei das beste Beispiel dafür.

Schön, sehr reich, erfolgreic­h, fürsorglic­he Mutter, absolut loyale Tochter. Trump erfüllt viele Rollen. Sie gilt im Weißen Haus als eher besänftige­nde Kraft, als Teil jener Berater, die den Präsidente­n nicht dauernd zu noch mehr Polterei anstacheln. Doch ihre Doppel-Rolle bleibt schwierig. Auch wenn sie unentgeltl­ich für ihren Vater arbeitet, so ist sie mit dem Familien-Konzern verbunden. Und ihre Marke Ivanka Trump verzeichne­t seit der Wahl ihres Vaters einen deutlichen Zuwachs.

Dass die Mission von Ivanka Trump durchaus heikel ist, wird an kleinen Dingen deutlich. So erwähnt etwa Bundesfami­lienminist­erin Manuela Schwesig (SPD) zu Recht den Women’s March in Washington, dessen Auslöser ihr Vater Donald Trump war. Hundertaus­ende Frauen gingen am Tag nach seiner Amtseinfüh­rung in der amerikanis­chen Hauptstadt auf die Straße, um gegen ihn zu demonstrie­ren. Diesen Widerspruc­h zu klären – das wird die Aufgabe der First Daughter in den nächsten Monaten. Nur ein sympathisc­hes, lächelndes Gesicht der Trump-Regierung sein – das wird nicht reichen.

Merkel hat Ivankas Einfluss früh erkannt

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Foto: dpa
Ivanka Trump, Tochter und Beraterin des US-Präsidente­n, erscheint zur Podiumsdeb­atte im Hotel Interconti. Foto: dpa
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Gute Stimmung: Ivanka Trump (l.), IWF-Chefin Christine Lagarde (M.) und Kanzlerin Angela Merkel scherzen auf dem Podium. Foto: action press

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