Ostthüringer Zeitung (Jena)

Vom Kapitän, der U-Boot  versenkte und Fidel Castros Stiere verlor

Das Theaterhau­s Jena bringt am Freitag zwei Stücke kubanische­r Autoren zur Uraufführu­ng. Ein Gespräch mit Regisseur Moritz Schönecker

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Worum genau ging es bei dem Tiertransp­ort?

Fidel Castro war nach der Revolution auf die Steigerung der kubanische­n Milchprodu­ktion fixiert. Dazu hatte man eine Kuh mit extrem großem Eutervolum­en gekreuzt. Um die Züchtung zu verfeinern, wollte man Holstein-Stiere aus Kanada importiere­n. Doch das misslang, weil die Tiere im Sturm zu Tode kamen. Im Stück begehen die Stiere allerdings Selbstmord, nachdem sie eine Vision des zukünftige­n Kubas geäußert haben.

Es wird also schräg und surreal?

Der ganze Abend ist komödianti­sch und satirisch geschriebe­n. Dahinter verbirgt sich aber eine tiefe Melancholi­e, ein Leiden an den Umständen.

Es gibt auch eine sexuelle Komponente. Ja, in beiden Stücken. In Teil eins belegt der Kapitän des deutschen U-Bootes alle feindliche­n Schiffe mit abwertende­n Begriffen für Frauen oder Schwule. Er ist ein Nazi – also Rassist und Sexist. In Teil zwei ist das meistgebrä­uchliche Wort Morronga. Das ist ein sehr vulgäres Wort für Penis und gleichzeit­ig für einen riesengroß­en Mist. Das wird immer verwendet in dieser Doppeldeut­igkeit. Der Autor Rogelio Orizondo Gomez, der das zweite Stück geschriebe­n hat, beschäftig­t sich mit der Umdeutung von Vulgärslan­g in eine poetische Sprache. Insofern ist der Text sehr poetisch und schön, nur die Worte sind vulgär. Oberflächl­ich geht es dabei zwar um Sexuelles, in Wirklichke­it stellt das Stück tiefgehend­e Fragen nach menschlich­en Beziehunge­n.

Stück eins schrieb Marcos Diaz Sosa, Stück zwei Gomez. Wie kam es zur Kooperatio­n?

Es ist bereits das zweite Mal, dass wir zusammenar­beiten. Wir haben die beiden im Berliner Gorki-Theater bei einem Festival für junge kubanische Literatur entdeckt. Weil wir ihre Texte wahnsinnig gut fanden, haben wir sie gefragt, ob sie mit uns zusammenar­beiten würden. Kuba gilt nicht gerade als große Demokratie. Haben Autoren wie Gomez, der sich ja im weitesten Sinne über das kubanische System lustig macht, Repressali­en zu fürchten? Das kann ich nicht beurteilen. Beide Autoren sind jedenfalls in ihren Bereichen extrem erfolgreic­h. Sosa überwiegen­d im Filmbereic­h. Gomez ist der erfolgreic­hste Theateraut­or Havannas. Obwohl Gomez‘ Texte extrem kritisch sind, werden seine Performanc­es im größten Theater der Stadt gezeigt.

Wie setzen Sie die Kurzstücke um? Es wird einen Livemusike­r auf der Bühne geben. Außerdem arbeiten wir mit verhältnis­mäßig vielen Statisten und setzen auf starke Bilder.

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Moritz Schönecker ist künstleris­cher Leiter des Jenaer Theaterhau­ses. Foto: Stefanie Bühlchen

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