Ostthüringer Zeitung (Jena)

Eine Stärkung des ländlichen Raumes

Kulturmini­ster Hoff stellt seine „Museumsper­spektiven “vor – Absage an Weimar als zentraler Leuchtturm

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Papier war eine Sachstands­analyse nach Selbstausk­ünften der Museen. So beklagen viele kleinere Häuser eine schlechte Depotsitua­tion und mangelnde personelle Ausstattun­g, insbesonde­re in der Museumspäd­agogik. Da will Hoff nach Kräften Abhilfe schaffen. Einerseits sieht er die 230 Einrichtun­gen, die dem Verband angehören und insgesamt vier Millionen Besucher pro Jahr zählen, als „Rückgrat unserer Kulturgesc­hichte“an; anderersei­ts bekennt er freimütig, „dass wir deutlich mehr Ideen als Geld haben“.

Museen als „Rückgrat der Kulturgesc­hichte“

So setzt das Land sich zwar für eine millionens­chwere Sanierung und Ertüchtigu­ng von Schloss Friedenste­in Gotha und alsbald auch des Lindenau-Museums in Altenburg ein. An der Trägerkons­truktion will der Minister jedoch an beiden Standorten nichts ändern: An der Friedenste­in-Stiftung ist das Land nur zu einem Viertel beteiligt, den Rest schultert die westthürin­gische Kleinstadt. Dem im „Blaubuch“als prominent verzeichne­ten Lindenau-Museum obwaltet der überforder­te Landkreis; bereits jetzt rangieren die Landeszusc­hüsse bei der Hälfte des jährlichen Etats.

Schlecht ins Bild scheint sich das Projekt zu fügen, auf dem Erfurter Petersberg ein zentrales Museum für die Kultur und Geschichte Thüringens – von der Altsteinze­it bis zum 20. Jahrhunder­t – zu errichten. Als Basis dafür sollen die Sammlungen des Museums für Ur- und Frühgeschi­chte, Weimar, dienen; gegen eine Verlegung in die Nachbarsch­aft regt sich unter Bürgern der Klassiksta­dt bereits energische­r Widerstand.

Benjamin Hoff weist der künftigen Einrichtun­g eine maßgeblich­e Portalfunk­tion zu. Dort sollen Kulturreis­ende sich über die hiesige (Museums-)Landschaft informiere­n können, um gezielt ihre Destinatio­nen zu wählen. Eine abschließe­nde Standorten­tscheidung sei noch nicht gefallen, so Hoff.

Für Erfurt spreche die verkehrsgü­nstige Erreichbar­keit dank des ICE-Knotenpunk­ts. Mit einer Umsetzung rechnet er frühestens in den 2020er Jahren. Eine Sonderroll­e könnten aus seiner Sicht zudem die drei Grenzmusee­n einnehmen – nicht zuletzt in der touristisc­hen Vermarktun­g.

Bei der Vernetzung von Aktivitäte­n – etwa nach dem Vorbild zweier Modellregi­onen im Norden und Süden des Landes – wird den Kommunen und Landkreise­n eine maßgeblich­e Eigeniniti­ative abverlangt. Hoff hält die Gründung von Zweckverbä­nden für eine geeignete Maßnahme. Bei der Beratung und Begleitung musealer Aktivitäte­n soll ihnen der Museumsver­band noch mehr unter die Arme greifen können; neben den klassische­n Museumsauf­gaben legt der Minister auf Internet-Präsenz großen Wert. Im überregion­alen Marketing helfen laut Konzept die Thüringer Tourismus-GmbH und – mehr als bisher – die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten.

Deren ursprüngli­che Absicht, eine Thüringer Burgenstra­ße mit zentraler Info- und Anlaufstel­le in der Bastille des Weimarer Stadtschlo­sses – vis-à-vis zum „Kosmos Weimar“– zu initiieren, ist offenbar ad acta gelegt. Stattdesse­n soll sie nun vernetzte kulturtour­istische Aktivitäte­n wie die Thüringer Schlössert­age bündeln, um mehr Kulturreis­ende – die zahlungskr­äftigen „Silberrück­en“im Tourismus – ins Land zu locken. Gerade die touristisc­hen Potenziale hält Hoff längst nicht für ausgeschöp­ft.

Anderersei­ts richtet sein „Perspektiv­en“-Papier einen ganz wesentlich­en Fokus auf die Gruppe der einheimisc­hen Museumsbes­ucher – gerade auch in ländlichen Räumen. Dort, wo man sich offenbar für von der Politik vernachläs­sigt und abgehängt fühlt, sollen die Museen mehr identifika­torische und bildende Wirkung entfalten. Deshalb heißt es im Konzept: „Museen gehören zu den Pflichtauf­gaben, weil sie Aufgaben wie die Sicherung der kulturelle­n Identität gerade in Zeiten des gesellscha­ftlichen Wandels wahrnehmen.“Eine Änderung der gesetzlich­en Grundlagen, die Kultur als freiwillig­e Aufgabe der Gemeinden und Landkreise definieren, ist jedoch – vorerst – nicht vorgesehen.

 ?? Archiv-Foto: Peter Michaelis ?? Für die Museen im Freistaat soll es mehr Geld geben. Im Bild: das Stadtmuseu­m in Gera.
Archiv-Foto: Peter Michaelis Für die Museen im Freistaat soll es mehr Geld geben. Im Bild: das Stadtmuseu­m in Gera.

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