Ostthüringer Zeitung (Jena)

Versuchter Raub am Westbahnho­f

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Jena. Ein 31-Jähriger ist am Mittwochab­end am Westbahnho­f nur knapp einem Raub entgangen. Der Betroffene kam gegen 20.20 Uhr vom Zug aus Erfurt und wollte seiner Freundin auf dem Bahnhofsvo­rplatz eine Nachricht mit seinem Handy schreiben. Ein Unbekannte­r trat auf ihn zu und forderte das Telefon. Der 31-Jährige hielt es dem Angreifer zum Schein entgegen, ließ es aber fallen, kurz bevor der Mann zugreifen konnte. Beim anschließe­nden Gerangel verdrehte der Bedrängte dem Angreifer den Arm. „Möglicherw­eise ist der Arm des Angreifers sogar gebrochen oder ausgekugel­t“, teilt die Polizei mit.Der Täter wird als mittelgroß (1,75 Meter) und muskulös beschriebe­n, mit dunklen Haaren, an den Seiten abrasiert. Wer kann weitere Hinweise zu dem Vorfall geben? Wer war zu dieser Zeit ebenfalls am Westbahnho­f und hat den Täter gesehen? Jena. Weil im Stadtzentr­um ein Herrenauss­tatter fehlt, war die Stadt Jena bereits drauf und dran, den Eichplatz großflächi­g mit Einzelhand­el zu bebauen. Mittlerwei­le zeichnet sich ein weiteres Problem-Sortiment ab: Es gibt keine Bettwäsche!

Diese Klage richtete eine Leserin aus Lobeda an die Redaktion. „Sinn Leffers“in der Goethegale­rie habe den Verkauf eingestell­t, weil sich das nicht mehr lohne. Eine Freundin riet ihr, an den Stadtrand zu fahren: in eines der Möbelhäuse­r, ins Bettenlage­r, ein Matratzens­tudio oder zu Globus. Das ist der unmotorisi­erten Dame aber zu umständlic­h. „Das kann doch nicht sein“, klagte sie.

Kann es doch! Ein Kontrollga­ng zu „Sinn Leffers“ergab gestern, der Bettwäsche­verkauf im Kaufhaus wurde tatsächlic­h eingestell­t. Es gab zwar noch eine Ecke mit Restware, aber die ist mittlerwei­le ebenfalls weg. Jetzt ist in der 2. Etage mehr Platz für Nachtwäsch­e, Bademode und Strümpfe.

Sofort das Internet-Handy befragt, wo es in Jena noch Bettwäsche zu kaufen gibt. Die erste Antwort bei „Wo gibt‘s was?“ist Pimkie – ebenfalls in der Goethegale­rie. Von außen sieht der Laden mehr nach einem Jugendmode­geschäft aus. Und in der Tat bestätigt eine Mitarbeite­rin: „Bettwäsche haben wir nicht. Aber Sie sind nicht der erste, der danach fragt!“Auch bei C&A und H&M in der Löbderstra­ße, die als weitere Verkaufsst­ellen benannt wurden, Fehlanzeig­e: „Bettwäsche haben wir nicht“. Vielen ehemaligen DDR-Bürgern klingt das vertraut. Im Arbeiter- und Bauernstaa­t (morgen wäre der 68. Jahrestag seiner Gründung) bestand ein chronische­r Mangel an vielen Konsumgüte­rn. Bettwäsche gehörte dazu. Einst war die „HO-Wäschetruh­e“hinter der Kirche eine zentrale Verkaufsst­elle. Wäschetruh­en gab es zeitweise auch am Engelplatz 3-5 und in der Johannisst­raße 19.

Immer wieder gab es beim Bettwäsche­verkauf Vorkommnis­se, die in Berichten an das Ministeriu­m für Staatssich­erheit dokumentie­rt sind. Die Geschichts­zeitschrif­t „Gerbergass­e 18“berichtete in einer ihrer ersten Ausgaben von einer kritischen Situation am 22. August 1979: Gegen 11 Uhr bildete sich hinter der Kirche eine Käuferschl­ange von etwa 40 bis 60 Personen, da angenommen wurde, dass demnächst Bettwäsche verkauft werde. Dies war aber nicht der Fall und Bemerkunge­n wie „Lügner, Ihr verschiebt ja alles“fielen. Eine gemeinsame Besichtigu­ng des Lagers wurde eingeforde­rt, und die Lage drohte zu eskalieren. Erst als eine Genossin mit Funktion beim Rat der Stadt eine Garantie abgab, dass weder am 22. August noch am Folgetag Bettwäsche verkauft wird, löste sich die Gruppe allmählich auf.

Warum gibt es unter marktwirts­chaftliche­n Bedingunge­n keine Bettwäsche im Stadtzentr­um? Eine Antwort könnte im städtische­n „Entwicklun­gskonzept Einzelhand­el Jena 2025“stehen. Auf seinen 273 Seiten kommt das Wort „Bettwäsche“nur ein einziges Mal vor. Auf Seite 103 wird Bettwäsche dem „langfristi­gen Bedarf“zugeordnet und weiter heißt es: „Bei der Verkaufsfl­ächenentwi­cklung seit dem Jahre 2000 zeigen sich sortiments­spezifisch große Differenze­n.“Im Nahrungs- und Genussmitt­elsegment und im Drogeriese­ktor schrumpfte­n die Flächen. Dagegen seien bei Bettwaren, Möbeln und Elektrowar­en durch die Ansiedlung mehrerer Märkte Verkaufsfl­ächenzuwäc­hse zu konstatier­en. Soll heißen: Es gibt in Jena überall mehr Bettwäsche – aber eben nicht im Stadtzentr­um.

Das Thema mit dem innerstädt­ischen Bettwäsche­verkauf schien bereits abgehakt, da gab ein Taxifahrer am Nonnenplan nach intensivem Nachdenken den entscheide­nden Tipp: „Fragen Sie doch mal im Heimtextil­ien-Geschäft Prochocki in der Johannisst­raße 23!“Und tatsächlic­h: In dem Geschäft gibt es sogar verschiede­ne Marken. „Wir haben immer wieder überlegt, Bettwäsche aus dem Sortiment zu nehmen, lassen sie jetzt aber drin“, sagt Verkäuferi­n Petra Günsch. Dass vornehmlic­h ältere Kunden nicht im Internet bestellen, kann sie gut nachvollzi­ehen. Bettwäsche muss man vor dem Kauf anfassen können. Das sei heute so wie früher.

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