Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Minister Lauinger sagte die Unwahrheit
Erfurt. In der Affäre um die Prüfungsbefreiung seines Sohnes hat Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) die Öffentlichkeit falsch informiert. So führte er das erste Telefonat mit dem Bildungsministerium von seinem Dienstapparat im Justizministerium aus – und ließ sich auch von seiner Sekretärin verbinden. Dies erklärte gestern Staatskanzleiminister Benjamin Hoff (Linke) im Namen der Landesregierung in einer gemeinsamen Sitzung von Bildungs- und Justizausschuss.
Genau dies hatte Lauinger noch vor zwei Wochen bestritten. Auf Nachfrage sagte er damals, er habe dieses Telefonat mit seinem privaten Handy geführt. Hoff bestätigte zudem, dass der Persönliche Referent Lauingers an mindestens einem Gespräch über die Privatangelegenheit seines Vorgesetzten beteiligt war. Der Minister hatte zuvor versichert, dass er zu keinem Zeitpunkt Privates und Dienstliches vermischt habe.
Lauingers Sohn war wegen eines Auslandsaufenthalts von seinem Erfurter Gymnasium von der Besonderen Leistungsfeststellung (BLF) befreit worden, die dem Realschulabschluss vergleichbar ist. Die Prüfung ist für die Versetzung in die 11. Klasse gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Die einzige in der Durchführungsverordnung geregelte Ausnahme – ein einjähriger Auslandsaufenthalt während der 10. Klasse – war nicht erfüllt. Dennoch hatte der frühere Richter Lauinger auch nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn stets behauptet, dass die Ausnahmeregelung „exakt“ auf den Fall seines Sohnes zutreffe.
Die zuständigen Fachbeamten erfuhren laut Hoff erst im Mai von der Entscheidung des Erfurter Gymnasiums – und bewerteten sie als rechtswidrig. Sie wiesen daher die Schule an, kein Zeugnis auszustellen, obwohl Lauingers Sohn bereits im Ausland weilte. Diese Information erreichte die Lauingers am 20. Juni. Daraufhin kam es zum Anruf des Ministers bei der zuständigen Referatsleiterin im Bildungsministerium. Wie er gestern einräumte, sprach er von einem „halbdienstlichen Anlass“, um danach zu betonen, dass er als Vater vorspreche. Wie Hoff bestätigte, wurde Lauinger von den Beamten darüber informiert, dass das Bildungsministerium plane, den Sohn vorläufig in die 11. Klasse zu versetzen. Bedingung: Der Schüler müsse die BLF nach der Rückkehr nachholen. Der Minister lehnte dies ab und bestand auf der ursprünglichen Zusage der Befreiung. Auch dies hatte er bisher anders dargestellt. Der Staatskanzleichef räumte ein, dass sich im Ergebnis der Intervention Lauingers Bildungsministerin Birgit Klaubert (Linke) über massive Bedenken ihrer Fachleute hinwegsetzte.
In der Sohn-Affäre hat der Justizminister das erste Telefonat mit dem Bildungsministerium von seinem Dienstapparat geführt.