Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Minister Lauinger sagte die Unwahrheit

- Von Martin Debes

Erfurt. In der Affäre um die Prüfungsbe­freiung seines Sohnes hat Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne) die Öffentlich­keit falsch informiert. So führte er das erste Telefonat mit dem Bildungsmi­nisterium von seinem Dienstappa­rat im Justizmini­sterium aus – und ließ sich auch von seiner Sekretärin verbinden. Dies erklärte gestern Staatskanz­leiministe­r Benjamin Hoff (Linke) im Namen der Landesregi­erung in einer gemeinsame­n Sitzung von Bildungs- und Justizauss­chuss.

Genau dies hatte Lauinger noch vor zwei Wochen bestritten. Auf Nachfrage sagte er damals, er habe dieses Telefonat mit seinem privaten Handy geführt. Hoff bestätigte zudem, dass der Persönlich­e Referent Lauingers an mindestens einem Gespräch über die Privatange­legenheit seines Vorgesetzt­en beteiligt war. Der Minister hatte zuvor versichert, dass er zu keinem Zeitpunkt Privates und Dienstlich­es vermischt habe.

Lauingers Sohn war wegen eines Auslandsau­fenthalts von seinem Erfurter Gymnasium von der Besonderen Leistungsf­eststellun­g (BLF) befreit worden, die dem Realschula­bschluss vergleichb­ar ist. Die Prüfung ist für die Versetzung in die 11. Klasse gesetzlich zwingend vorgeschri­eben. Die einzige in der Durchführu­ngsverordn­ung geregelte Ausnahme – ein einjährige­r Auslandsau­fenthalt während der 10. Klasse – war nicht erfüllt. Dennoch hatte der frühere Richter Lauinger auch nach Bekanntwer­den der Vorwürfe gegen ihn stets behauptet, dass die Ausnahmere­gelung „exakt“ auf den Fall seines Sohnes zutreffe.

Die zuständige­n Fachbeamte­n erfuhren laut Hoff erst im Mai von der Entscheidu­ng des Erfurter Gymnasiums – und bewerteten sie als rechtswidr­ig. Sie wiesen daher die Schule an, kein Zeugnis auszustell­en, obwohl Lauingers Sohn bereits im Ausland weilte. Diese Informatio­n erreichte die Lauingers am 20. Juni. Daraufhin kam es zum Anruf des Ministers bei der zuständige­n Referatsle­iterin im Bildungsmi­nisterium. Wie er gestern einräumte, sprach er von einem „halbdienst­lichen Anlass“, um danach zu betonen, dass er als Vater vorspreche. Wie Hoff bestätigte, wurde Lauinger von den Beamten darüber informiert, dass das Bildungsmi­nisterium plane, den Sohn vorläufig in die 11. Klasse zu versetzen. Bedingung: Der Schüler müsse die BLF nach der Rückkehr nachholen. Der Minister lehnte dies ab und bestand auf der ursprüngli­chen Zusage der Befreiung. Auch dies hatte er bisher anders dargestell­t. Der Staatskanz­leichef räumte ein, dass sich im Ergebnis der Interventi­on Lauingers Bildungsmi­nisterin Birgit Klaubert (Linke) über massive Bedenken ihrer Fachleute hinwegsetz­te.

In der Sohn-Affäre hat der Justizmini­ster das erste Telefonat mit dem Bildungsmi­nisterium von seinem Dienstappa­rat geführt.

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