Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Der getriebene Konzern
Der Streit zwischen dem Volkswagen-Konzern und zwei Zulieferern ist zwar beigelegt. In den Chefetagen des Milliardenkonzerns allerdings dürften sich die Manager noch immer die Augen reiben. Nach dem Dieselskandal scheint der Wolfsburger Autobauer Opfer der eigenen Selbstüberschätzung. Dass die Lieferanten Volkswagen zu einem Produktionsstopp treiben konnten, ist bedenklich, weil Hersteller eigentlich am längeren Hebel sitzen: Aus Furcht, Aufträge zu verlieren, beugen sich die Zulieferer den großen Autobauern und unterliegen dem harschen Preisdiktat, während die Hersteller meist hohe Margen einfahren.
Volkswagen hat den Ruf, besonders hart zu verhandeln.
Wer sich die Konzernzahlen ansieht, versteht, warum: Der Konzern hatte im vergangenen Jahr ein Einkaufsvolumen von 149 Milliarden Euro. Mehr als 60 Prozent des gesamten Umsatzes entfallen dabei auf die Beschaffung. Senkt der VW Konzern seine Einkaufskosten nur um ein Prozent, steigt der Konzerngewinn um rund 1,5 Milliarden Euro. Obendrein steht der Konzern wegen des AbgasSkandals unter extremen Sparzwang.
Bislang musste der Konzern knapp 18 Milliarden zurückstellen. Die Konzernleitung stellt sämtliche Projekte auf den Prüfstand. In diesem Fall hat Volkswagen nun zu hoch gepokert. Die Prevent-Gruppe, zu der die Zulieferer gehören, hat es geschafft, gegen den Konzern die eigenen Forderungen durchzusetzen. Denn der Markt der Zulieferer ordnet sich neu. Es bilden sich Unternehmensgruppen mit mehr Macht.
Volkswagen hat das zu spät erkannt. Das zeigt auch das Verhandlungsergebnis. Die erwartbare Reaktion wäre gewesen, dass VW die Beziehungen aufkündigt, nachdem das Aufbegehren der Unternehmen den Konzern Millionen gekostet hat. Doch anscheinend kommt Volkswagen nicht von der Gruppe los: Aus Verhandlungskreisen ist bekannt, dass die Geschäftsbeziehungen langfristig fortgeführt werden sollen. Die Zusammenarbeit soll gar intensiviert werden.