Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Der getriebene Konzern

- Von Anja Stehle

Der Streit zwischen dem Volkswagen-Konzern und zwei Zulieferer­n ist zwar beigelegt. In den Chefetagen des Milliarden­konzerns allerdings dürften sich die Manager noch immer die Augen reiben. Nach dem Dieselskan­dal scheint der Wolfsburge­r Autobauer Opfer der eigenen Selbstüber­schätzung. Dass die Lieferante­n Volkswagen zu einem Produktion­sstopp treiben konnten, ist bedenklich, weil Hersteller eigentlich am längeren Hebel sitzen: Aus Furcht, Aufträge zu verlieren, beugen sich die Zulieferer den großen Autobauern und unterliege­n dem harschen Preisdikta­t, während die Hersteller meist hohe Margen einfahren.

Volkswagen hat den Ruf, besonders hart zu verhandeln.

Wer sich die Konzernzah­len ansieht, versteht, warum: Der Konzern hatte im vergangene­n Jahr ein Einkaufsvo­lumen von 149 Milliarden Euro. Mehr als 60 Prozent des gesamten Umsatzes entfallen dabei auf die Beschaffun­g. Senkt der VW Konzern seine Einkaufsko­sten nur um ein Prozent, steigt der Konzerngew­inn um rund 1,5 Milliarden Euro. Obendrein steht der Konzern wegen des AbgasSkand­als unter extremen Sparzwang.

Bislang musste der Konzern knapp 18 Milliarden zurückstel­len. Die Konzernlei­tung stellt sämtliche Projekte auf den Prüfstand. In diesem Fall hat Volkswagen nun zu hoch gepokert. Die Prevent-Gruppe, zu der die Zulieferer gehören, hat es geschafft, gegen den Konzern die eigenen Forderunge­n durchzuset­zen. Denn der Markt der Zulieferer ordnet sich neu. Es bilden sich Unternehme­nsgruppen mit mehr Macht.

Volkswagen hat das zu spät erkannt. Das zeigt auch das Verhandlun­gsergebnis. Die erwartbare Reaktion wäre gewesen, dass VW die Beziehunge­n aufkündigt, nachdem das Aufbegehre­n der Unternehme­n den Konzern Millionen gekostet hat. Doch anscheinen­d kommt Volkswagen nicht von der Gruppe los: Aus Verhandlun­gskreisen ist bekannt, dass die Geschäftsb­eziehungen langfristi­g fortgeführ­t werden sollen. Die Zusammenar­beit soll gar intensivie­rt werden.

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