Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Minister stehen Rede und Antwort zur Wirtschaft in Ostthüringen
Greiz. Harald Seidel, Spiritus rector der Veranstaltungsreihe „Prominente im Gespräch“freute sich: Der Sozialdemokrat hatte mit Hilfe der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung am Montagabend seine Parteifreunde Heike Taubert und Wolfgang Tiefensee nach Greiz gelockt.
Thema des Abends sollte die weitere Entwicklung der Wirtschaft in Ostthüringen sein, doch beide Minister beließen es nicht dabei, warfen auch mehrmals Blicke zu den Nachbarn. Für eine Länderfusion gebe es keine Akzeptanz in der Bevölkerung, meinte Tiefensee, aber zusammenarbeiten sollten die Verwaltungen schon – grenzübergreifend und mit anderen Kommunen, ergänzte Taubert.
Der Wirtschaftsminister beklagte, dass Vergleichsstudien oft nur auf dem Kriterium „Bruttoinlandsprodukt“fußten. Das sei zu wenig, um zu zeigen, wie Thüringen wirtschaftlich dasteht. Beispielsweise sei das Land Spitze beim Anteil der Industriearbeitsplätze an der Bevölkerung. Tiefensee bescheinigte Thüringen eine „solide Basis“, aber die „Thüringer reden ungern über ihre Erfolge“.
Der Wirtschaftsminister verschwieg zugleich die Schwächen des Landes nicht, aber es klang durchaus wie Ansporn, auf diesen Feldern besser zu werden. So wende sich die einstige Niedriglohn-Strategie längst gegen Thüringen. Man brauche in den nächsten Jahren rund 200 000 Fachkräfte und die wiederum wollten konkurrenzwürdigen Lohn. Die Unternehmensnachfolge gelinge noch nicht richtig; es gebe immer noch zu viele Schulabbrecher und zu viele Langzeitarbeitslose. Die Exportquote sei nach wie vor zu gering – ein Zustand, den Tiefensee auch mit Hilfe der Digitalisierung überwinden will. „Forschung muss mit dem Mittelstand verbunden werden“, sagte der Wirtschaftsminister und verwies auf die neue Duale Hochschule in Gera, die aus der Berufsakademie entstand. „Nicht ganz kostenfrei“, meinte die Finanzministerin und ging auch der Debatte um Erbschaftssteuern für Unternehmer nicht aus dem Wege.
Aus ihrer Sicht sollte im Vermittlungsausschuss auf Bundesebene versucht werden, zum Modell des Bundesfinanzministers zurückzukehren. Allerdings: „Geld ist endlich“, sagte Taubert auch mit Verweis auf Zuhörerwünsche, was „der Staat“alles finanzieren soll: Mehr Polizei, mehr Lehrer, Brücken, Umgehungsstraßen, Wohnungen und Nachnutzungen für alte Gefängnisse, wie in Hohenleuben und Gera. Und natürlich schnelles Internet – nicht nur im Knast, sondern auch in so hübschen Nestern wie Kleinreinsdorf.
Zwei Minister auf einen Schlag erlebt Greiz nicht alle Tage. Die Buchhandlung „Bücherwurm“am Markt platzte aus allen Nähten. „Wirtschaft in Ostthüringen“interessierte viele.