Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Gold als klassische Krisenwähr­ung

- Von Anja Stehle

Berlin. Terror in Europa, BrexitChao­s und der Putschvers­uch in der Türkei. 2016 jagt eine Krise die nächste. Ausreichen­d Anlass für Anleger jedenfalls, an einem „Weiter so“der Weltkonjun­ktur zu zweifeln. Die Unsicherhe­it treibt Investoren in vermeintli­ch wertbestän­dige Anlagen, etwa Gold. Das Edelmetall gilt als klassische Krisenwähr­ung. Es lockt mit Handfestig­keit, Sicherheit und Wertsteige­rung.

In der ersten Jahreshälf­te ist die Nachfrage nach Gold auf ein Rekordhoch geklettert. Allein in den Monaten Januar bis Juni hätten Investoren weltweit 1064 Tonnen Gold gekauft, heißt es im aktuellen Quartalsbe­richt des World Gold Council, einem Verband der Goldminenb­ranche. Demnach war die Nachfrage sogar um 16 Prozent höher als in der ersten Jahreshälf­te 2009, als die Anleger nach dem Ausbruch der Finanzkris­e in großem Umfang in Gold investiert­en. Das treibt den Preis: Seit Jahresanfa­ng ist dieser um ein Viertel auf rund 1340 Dollar je Feinunze gestiegen. Und die Zeichen für einen weiteren Anstieg stehen gut. Daniel Bathe, Rohstoffex­perte bei Union Investment, rechnet damit, dass der Goldpreis wegen globaler Krisen Ende 2016 sogar auf 1450 Dollar pro Feinunze klettern könnte – ein weiteres Plus von acht Prozent.

Auch die Situation der Minenbetre­iber könnte den Preis weiter treiben, erklärt Bathe. So hätten einige der weltweiten Goldförder­er beim vergleichs­weise schwachen Goldpreis im vergangene­n Jahr ihre Arbeit einstellen müssen. Jetzt könnten sie ihre Produktion nicht so schnell wieder hochfahren.

Doch auch für Gold gilt wie für andere Anlageklas­sen: Es unterliegt starken Kursschwan­kungen. Wie sich der Preis in den kommenden Jahren entwickeln wird, weiß niemand. Bei 1340 Dollar je Feinunze kann es leicht zu kleineren Korrekture­n nach unten kommen, zum Beispiel wenn sich spekulativ­e Anleger zurückzieh­en.

Bathe warnt zudem, dass „die Anlage für einen deutschen Investor ein Währungsri­siko aufweist, weil Gold in Dollar pro Feinunze gehandelt wird“. Somit ist nicht nur entscheide­nd, wie sich der Goldpreis entwickelt, sondern auch, wie der Wechselkur­s von Dollar zu Euro steht.

Auch der Blick auf den Goldkurs der vergangene­n fünf Jahre lässt am Bild der Krisenwähr­ung zweifeln: Trotz der Unwägbarke­iten angesichts einer drohenden Griechenla­nd-Pleite und des militärisc­hen Konfliktes zwischen Russland und der Ukraine ging der Kurs des Edelmetall­s um mehr als 40 Prozent zurück. Nach einem Rekordhoch fiel der Preis ab Anfang 2011 bis Ende 2015 von 1921 auf 1053 Dollar. Bathe rät Anlegern deshalb, ihr Vermögen unterschie­dlich zu investiere­n. Gold könne eine sinnvolle Ergänzung zu anderen sicheren Anlageprod­ukten sein. Psychologi­sch gesehen hat physisches Gold einen Vorteil. Mit einem Goldbarren oder Goldmünzen besitzt der Anleger etwas Greifbares. Die Stiftung Warentest empfiehlt, gängige Anlagemünz­en wie Krügerrand aus Südafrika ohne Sammelwert zu kaufen.

Diese Münzen sind im Unterschie­d zu Sammlerstü­cken auch in Krisenzeit­en gut handelbar. Das Edelmetall muss jedoch auch an einem sicheren Platz gelagert und möglicherw­eise versichert werden, was weitere Kosten verursacht.

Das Edelmetall lockt mit Wertbestän­digkeit in Krisenzeit­en. Doch wie sicher ist die Investitio­n in Münzen und Barren wirklich? Gold unterliegt starken Kursschwan­kungen Sichere Lagerung verursacht weitere Kosten

Für Großinvest­oren sind die Lagerkoste­n und die Tatsache, dass das Gold während der Einlagerun­g keinen Ertrag abwirft, in Zeiten von Niedrigzin­sen kein Problem mehr. Würden sie Bargeld bei der Europäisch­en Zentralban­k einlagern, müssten sie schließlic­h einen Strafzins von 0,45 Prozent bezahlen. Die Lagerkoste­n für Gold betragen dagegen nur etwa 0,1 Prozent.

Für private Anleger dürfte der Kauf von Gold-ETCs (Exchange Traded Commoditie­s) hingegen praktische­r sein. Das sind börsengeha­ndelte Wertpapier­e, die mit Gold besichert sind und den Goldkurs nachzeichn­en.

Und es bedeutet, dass echtes Gold hinterlegt ist, das der Anleger sich auch nachträgli­ch sogar liefern lassen kann. Gebühren fallen allerdings auch beim Kauf von ETCs an – etwa durch die Depotbank.

Und: Die Papiere sind meist nicht vor einem Ausfall geschützt. Geht der Herausgebe­r pleite, ist das angelegte Geld in der Regel weg.

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Die Nachfrage nach Gold ist in der ersten Jahreshälf­te auf ein Rekordhoch geklettert. Foto: Arnd Wiegmann, Reuters

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